Gedichtbände
Die Liebe, die Sehnsucht, der Krieg und der Tod
Franz Holzscheiter (1920-1943), aus dem Badischen stammend, schreibt im Januar 1935 - im Alter von erst 14 Jahren - aus Heimweh einige Verse. Bis April 1943 verarbeitet der junge Mann in über 70 weiteren Gedichten anschaulich die Gedanken, Gefühle und Sehnsüchte eines Heranwachsenden im Dritten Reich. Sie betreffen Themen wie Familienangehörige, Abschiede, Liebe mit großen persönlichen Enttäuschungen und Freundschaft. Alle Gedichte sind mit Datum und Ort der Abfassung versehen. So lässt sich auch die Vita des Verfassers, über den sonst kaum etwas bekannt ist, zumindest in groben Zügen nachvollziehen.
Die einzelnen Verse entsprechen zwar nicht immer exakt metrischen Gesichtspunkten, doch macht das der Autor bisweilen durch seine Beobachtungsgabe wieder wett. Besonders die Jahreszeit Frühling sowie das Weihnachtsfest mit all seinen Facetten haben es ihm angetan. Holzscheiter versteht es, auch nur kurze Sätze in ausdrucksvolle Bilder zu verwandeln. Hauptsächlich seine unerfüllten Liebesbeziehungen an persönlich genannte Mädchen und Träume lassen die Leser mitfühlen.
Einige wenige Texte haben auch die damalige politische Situation zum Inhalt: So freut sich der Autor über das Ergebnis der Volksabstimmung für den Anschluss Österreichs 1938 und setzt auch in weiteren Gedichten seine ganze Hoffnung auf ein erstarkendes Deutschland. Der bereits ausgebrochene Zweite Weltkrieg ist erstmals Gegenstand seiner Verse, als sich Holzscheiter im August 1940 in einen Frontsoldaten hineinversetzt, der einen Brief von seiner Liebsten erhalten hat, gefolgt von den Gedanken eines Wehrmachtsangehörigen und Familienvaters zum Weihnachtsfest. Trotz vieler Gefallener glaubt der Autor noch an das erfolgreiche Kriegsende. Mittlerweile ist er selbst Soldat und wird bald darauf später nach Norddeutschland und ins Elsass versetzt. Er wird in Finnland und Russland eingesetzt, wo er im Oktober 1943 fällt.
"Die Liebe, die Sehnsucht, der Krieg und der Tod" ist sein Nachlass und ging durch die Hände mehrerer Generationen, bevor es nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Hugo Meyer
21.05.2013
Die Lesung im Deutschen Literaturfernsehen finden Sie hier.