Gedichtbände

Bedenkend und sinnierend

Nach mehreren, zum Teil ähnlich gedachten Werken legt Robert Pany nun ein neues vor: "Lass Deine Gedanken verreisen". Es ist - um es vorweg zu sagen - kein schräges und kein verrücktes Buch, es ist ein klassisches. Und es ist entsprechend leicht zu lesen. Das 110 Seiten zählende Bändchen soll "vom tristen Alltag ablenken und zu neuem Lebensmut vermuntern", ist im Prolog zu lesen. Ob es das auch leistet?

An mancher Stelle kommt eine überaus gedämpfte Lebenssicht zum Ausdruck. Das Gedicht "Ich weiß nicht" ist ein Beispiel dafür. "Im freien Fall" kommt auch nicht gerade fröhlich daher und würde vielmehr belasten, wenn nicht am Schluss das Wörtchen "Neuanfang" nicht zur Rettung bereitstünde.

Und doch: "Das Glück leuchtet in den schwersten Stunden des Lebens am hellsten", schreibt Pany, "wie ein großer, brillanter Stern in dunkler Nacht". Nur: Das Glück, sinniert Pany an anderer Stelle, "ist wie ein scheues Vögelein". Dieses Vögelein sei bei ihm nur kurz und selten eingekehrt.

Einiges steht wie eine Warnung da, als poetische Prävention gewissermaßen. Die "Spielleidenschaft" wäre da zu nennen. Hier und da schimmert auch das Alter durch, die Sicht und die Vorsicht des "alten Mannes" wie gerade im so benannten Gedicht. "Leben, Tod und Ewigkeit" lautet die Überschrift über einem Fünfteiler, der von der Kindheit zum Tod und zur Ewigkeit begleitet.

Und die Träume? Bei den Sinnsprüchen ganz vorne wird aufgedeckt, dass viele Träume der Jugend sich später als Schäume erwiesen. Ernüchternd tönt es auch in einem zweiten Spruch:

"Wer lange schläft und träumt, 
im Leben viel versäumt"

Aber bei den Gedichten weiter hinten findet sich das Gegengewicht. Hier werden unsere Träume und Illusionen als edle Geister gehandelt, die ganz oben thronen. Sie beflügeln und bestärken uns, und sie erwecken manchen Menschen zum Genius. Das tönt doch so hoffnungsfroh, wie es im Prolog angekündigt wird.

Träume geistern auch durch den Erzählteil des Buches. "Die Stille" heißt eine Erzählung, deren Pointe just vom Traumwesen lebt. Die Erzählungen handeln von merkwürdigen Passagen des Lebens, von kleinen Auffälligkeiten wie jene des seltsam ablaufenden Taschendiebstahls. "Ruhestörung" irritiert zunächst, entscheidet sich dann aber doch. Es ist nicht Gevatter Tod, der ans Haus klopft, es ist der Fensterladen. Freundlicher, gütiger und sehr leiser Humor steckt hinter diesen kurzen Texten.

Es ist kein spektakuläres Werk, das sich hier auftut, aber das muss es auch nicht à tout prix sein. In der Stille der Abendlektüre passt vielleicht ebenso gut oder noch viel besser ein ruhiges und sehr bedächtiges Buch. In ihrer Verhaltenheit berühren gar manche ruhige Bücher umso stärker.

Ronald Roggen 
06.06.2011

 
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Das Buch:

Robert Pany: Lass Deine Gedanken verreisen. Sinnsprüche & Verse, Gedichte & Erzählungen

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Frankfurt am Main: Foqué Verlag 2010
110 S., € 11,80
ISBN: 978-3-8372-0889-4

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