Belletristik:

Sachbuch:

Magazin:

Gedichtbände

Von Hochwasser und Rosenblättern

"Poesie, fragst du, was ist das?/ Ein Tropfen Tau. Ein Rosenblatt./ Ein Türschloss voller Rost in einer alten Angel./ Ein Lächeln, fern, am Gartenzaun./ Ein Fass, ein Herz ..." So vielfältig wie die Antworten auf jene Frage sind auch die Themen, mit denen sich Brigitte Schubert-Oustry in ihrer Anthologie "Pulsschläge" befasst. In den Gedichten geht es um Liebe, Erinnerung und Abschied, doch werden auch Philosophie und Zeitgeschehen nicht ausgeklammert.

Hochwasser und Überschwemmung im Dresden des Jahres 2002 beschreibt die dort geborene Autorin bildgewaltig: "Die Elbe zeigt ein dunkles Gesicht,/schwillt an, bläht sich/ kommt drohend, doch fast unbeweglich uns näher." In 14 Strophen bringt Brigitte Schubert-Oustry dem Leser die Einzelschicksale nahe, wie das Übel des Weinsammlers, dessen Flaschen auf Nimmerwiedersehen davongeschwommen sind. Sie beschreibt die seltsamen Bilder, die sich dem Beobachter bieten (schwimmende Möbelstücke) und verzichtet nicht auf eine kritische Schlussbemerkung über die ewigen Gaffer.

Die bildhafte, metaphorische Sprache ist ein Merkmal der Gedichtsammlung. Ein weiteres ist die viele Gedichte durchziehende Melancholie, eine Ahnung vom Ende, die vor allem in den Liebesgedichten in Erscheinung tritt: "Wir stehen alle hier,/ an solchen Haltestellen,/ und warten, nehmen Abschied". Manchmal kommt sie heiter gereimt - wie bei Kästner - daher, ein anderes Mal tiefsinnig wie bei Rilke. Das lyrische Ich in Schubert-Oustrys Gedichten ist ein empfindsames, das oft Nuancen wahrnimmt. Das macht letztlich die Qualität der "Pulsschläge" aus.

Gelegentlich mischen sich zwischen die deutschen Worte französische Ausdrücke und Überschriften - die Autorin lebt seit 1965 in Paris. Doch auch der fremdsprachlich nicht bewanderte Leser kommt auf seine Kosten. Brigitte Schubert-Oustry weiß für jede Stimmung die richtigen Worte zu finden. Dessen zumindest kann sich der Leser sicher sein. Was Metrik, Reimform und Länge der Gedichte angeht, muss er sich - entsprechend dem Untertitel "Gereimtes und Ungereimtes" - von mal zu mal überraschen lassen.

Yvonne Pioch
01.12.2005

Diese Rezension bookmarken:

Social Bookmarking