Erzählbände & Kurzprosa
Spannender Tabubruch
Martin Sattelberg legt ein schmales Buch vor, in dem ein schwieriges Thema sensibel und gekonnt erz?hlt wird.
Ein Mann schreibt einen Brief an eine junge Frau ? und gleich zu Beginn wird klar, dass ihm dieser Brief nicht leicht f?llt. Ihm bleibt nur noch wenig Zeit: "... und ich wei? nicht wie lange ich die Feder noch f?hren kann.", aber der Mann muss die Geschichte noch weiter geben: "Ich bin der Letzte, der die Zusammenh?nge noch kennt." Erst ganz zum Schluss, auf der letzten Seite wird dem Leser klar, wer die Empf?ngerin des Briefes, Cordula, ist und welche Rolle sie im Leben des Mannes spielt.
Er geht weit zur?ck in seine Vergangenheit, bis in seine Jugend. Martin Sattelberg zeichnet mit poetischen Worten ein Bild vom Deutschland kurz nach dem Zweiten Weltkrieg und ihm gelingt dabei hervorragend die Balance zwischen detaillierten Beschreibungen und Leichtigkeit. Obwohl er teilweise Einzelheiten ? zum Beispiel seines Arbeitsweges oder das Gesicht eines M?dchens ? sehr ausf?hrlich beschreibt, kippt er nie in Belangloses oder gar Langweilendes. So wird neben dem Hauptstrang der Story ? eine Geschichte einer zart beginnenden Liebe zwischen einem jungen Mann und einer jungen Frau ? auch ein gutes St?ck Zeitgeschichte erz?hlt und mit dem pers?nlichen Schicksal des Briefeschreibers verwoben. Und obwohl wirkliche Klarheit erst am Schluss herrscht, sp?rt man beim Lesen, dass diese Erz?hlung nicht allt?glich ist und weitaus mehr als einen historischen Abriss der deutschen Vergangenheit oder eine Liebesstory bietet.
Sehr geschickt wird Spannung aufgebaut. Auch wenn es ?ber viele Seiten hinweg aussieht, als w?rde eine ganz normale Liebesgeschichte erz?hlt, wird der Leser doch gefesselt und ist neugierig auf den Fort- und Ausgang der Erz?hlung. Im letzten Drittel des Buches kommt eine wirklich ?berraschende und verbl?ffende Wendung. Und am Ende wird auf ebenso ?berraschende Weise ein Tabu gebrochen...
ker
01.11.2005