Erzählbände & Kurzprosa

Kleine Wunder des großen Lebens

Mehr als 30 Kurzgeschichten und einzelne Gedichte sind in den Band eingegangen, dessen thematische Breite von den Ereignissen globalen Charakters bis zu den kleinen allt?glichen Begebenheiten reicht.

Die Aufmerksamkeit des Autors richtet sich im gleichen Ma?e auf die Gr?uel des Krieges und den Tod unschuldiger Zivilisten, auf das Schicksal eines afrikanischen Asylanten, auf den Selbstmord eines jungen M?dchens, aber auch auf die Geldsorgen einer Frau, auf die kuriosen Vorf?lle im Leben zweier Hundeliebhaber und ihres Freundes oder auf einen scheinbar so banalen Gegenstand wie ein Sofa. Die meisten Erz?hlungen, selbst da, wo es um gr??ere gesellschaftliche Zusammenh?nge geht, lenken den Blick auf das individuelle Schicksal des Menschen mit seinen W?nschen, Tr?umen, Hoffnungen, ?ngsten und seinen kleinen Schw?chen.

Der Autor versteht es, mit nur einigen wenigen Strichen ein treffendes und einpr?gsames Bild einzelner Personen zu geben. Das Besondere des jeweiligen Charakters wird oft in einer Art Kontrastverfahren erschlossen: Entweder wird der Mensch mit seiner unmittelbaren, von ihm abweichenden Umgebung konfrontiert, oder er weist eine ?berraschende Reaktion auf, die das gewohnte Bild von seinem Verhalten durchbricht. Da ist z.B. ein australischer Farmer, der ganz allein eine Riesenfl?che bewirtschaftet und der nach dem Mittagessen pl?tzlich aufsteht und das Geschirr abtrocknet ("Die Sensation"); eine bosnische Frau, die, w?hrend sie mitten in der Steinw?ste Schafe h?tet, ein Buch liest ("Das Buch"); der Urgro?vater des Erz?hlers, von Beruf Zimmermann, der sechs Tage in der Woche vier Kilometer bis zu seiner Arbeit und vier zur?ck zur?ckzulegen hat, der es aber auch versteht, heimlich alle Pflanzen im Hausgarten seiner Frau systematisch etwas anzuziehen, da er das gr?ne Gartenzeug nicht leiden kann ("Gewaltloser Widerstand"); oder eine Frau, die sich auf ihrer Einkaufstour abhetzt, um am Essen jeden Pfennig zu sparen, und sich anschlie?end, ohne auch nur einen Gedanken an den Preis zu verschwenden, in einem vornehmen Gestus ein teueres Parfum kauft ("Leben ist teuer").

Viele Geschichten verdanken ihren Reiz einer ungewohnten, verfremdenden Erz?hlperspektive, die scheinbar selbstverst?ndliche Tatsachen in einem neuen Licht erscheinen l??t. So z.B. die Wahrnehmung des II. Weltkrieges mit den Augen des Kindes ("Vater und Sohn im Jahre 1960"), die Schilderung banaler Alltagssituationen aus der Sicht eines Geldscheins ("Nr. H 7695364 D") oder eine untraditionelle Auffassung vom Weihnachtsfest ("Mein Heiliger Abend"). Die Geschichten sind teils in einem heiter-unterhaltsamen, teils in einem kritisch-ernsten Ton geschrieben, mit scharfsinnigen Bemerkungen und Kommentaren und einer F?lle an treffsicheren Details.

avv
12.12.2002

 
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Das Buch:

Hans-Helmut Mährle: Ein ganz normales Leben. Gedanken eines wachen Zeitgenossen

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Gelnhausen: Triga Verlag 2001
227 S.
ISBN: 3-89774-122-9

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