Erzählbände & Kurzprosa

Macht und Ohnmacht

Wir w?nschen uns alle, dass eines Tages ein Mensch in unser Leben tritt und wir dieses Leben einteilen k?nnen in die langweiligen Tage davor und das gemeinsame Gl?ck. Gelegentlich soll es das geben, doch das normale Leben zeigt, dass derartig dramatisch positive Begegnungen eher selten sind. Max Rudolf Huber hat sich des Themas angenommen und seine neun Erz?hlungen beleuchten es von einer anderen Seite: Hier herrscht das Drama vor. Das sind neun Begegnungen, die Menschen vollkommen aus der Bahn werfen, ihr Leben tiefgreifend ver?ndern ? in verschiedenen Richtungen. Huber, im Theater- und Fernsehgesch?ft beheimatet, versteht sein Handwerk. Die Geschichten sind perfekt inszeniert und ausgeleuchtet, der Spot geht immer auf den wunden Punkt. Es sind nicht nur die "Otto Normalverbraucher", die sich hier durch die Seiten lieben, sondern auch die extremen Zuspitzungen, die gelegentlich sogar den normalen Menschen treffen.

Ein Mann, arrogant bis zum Abwinken, egoistisch und erfolgreich, trifft zuf?llig seine erste Liebe wieder, die ihn sitzen gelassen hat. Aus dem Wiedertreffen wird ein Abend, der in einer Vergewaltigung endet ? die sp?te Strafe nach dem Vergehen, den kommenden Spitzenmann im Regen stehen gelassen zu haben. Dass die Frau das einzig Richtige gemacht hatte, um sich vor dem damals schon krankhaft Egozentrischen zu sch?tzen und keineswegs ein Leben in Gl?ck und Vollkommenheit verbracht hat, dringt nicht in das Bewusstsein dieses Adrain von Rheussser? er r?cht sich, f?hlt sich im Recht und hat nichts begriffen.

Ganz anders geht es in einer n?chsten Geschichte zu ? hier lernt der Mann, was es hei?t, zu leiden und dem hinterher zu laufen, was er sich w?nscht. Oder ein junges, verliebtes, gl?ckliches Paar unternimmt eine Wanderung ? mit ungeahnten Folgen, ein junger Mann macht auf einem Segelt?rn unerwartete Erfahrungen, ein Paar zerst?rt sich selbst ? Grenzg?nge sind es, die Huber in seinem Buch nachzeichnet. Menschen, die Liebe mit Besitz verwechseln, f?r die Beziehung bedeutet, Macht auszu?ben, die sich r?chen, die verletzen, kr?nken und ihrerseits Dinge erleiden, an die sie nie zuvor auch nur gedacht haben.

Von Geschichte zu Geschichte wird es subtiler, geht es tiefer in die Psyche hinein, werden Laternen in Winkel gehalten, die besser spinnwebenversperrt geblieben w?ren. M?nner und Frauen outen sich in Abgr?nden, Romantik gerinnt zum Rollenspiel mit t?dlichem Ausgang und Huber legt immer noch eines drauf, bis in der letzten Geschichte dann ein wahrhaft lebensumspannendes gro?es Gem?lde von Liebe, Hass, Versagen, Leidenschaft, L?ge und Betrug auf die B?hne gebracht wird. Hier arbeitet der Autor mit allen Sinnen, zieht eine Menge Register, l?sst sozusagen ein Wagnerorchester im tiefen Graben rumoren und Endzeitstimmung heraufziehen, bis sich am Ende alles in einem schmerzhaften Knall aufl?st. Keinesfalls in Wohlgefallen. Da steht ziemlich grell angeleuchtet, nackt und blo? auf vollkommen leerer B?hne ? der Mensch. Mit all seinen Abgr?nden und seinem oft genug falschen Verst?ndnis dessen, was Liebe, Gemeinsamkeit, Partnerschaft und auch Familie bedeuten.

Scharfe Beobachtungsgabe, ausreichend Abstand zum Geschehen und ein gekonnt gef?hrter, straffer Fortgang zeichnet die Geschichten aus. Inhaltlich zeigen sie die dunkle Seite der Liebe, die vernichtet in verschm?htem Hass, die aushungert, zerst?rt und nur Negatives s?t. Es sind zum Teil ganz normale Leute, denen das passiert, allesamt kennen wir sie. Doch was ihnen widerf?hrt und wie sie damit umgehen ? das ist das Spannende daran. ?berlegen Sie, ob Sie so schnell wieder einen Segelt?rn machen oder eine einfache ?berfahrt nach irgendwohin ? es k?nnte ein unvergessliches Erlebnis werden.

csc
10.10.2002

 
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Das Buch:

Max Rudolf Huber: Lendenfeuer. Erzählungen

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Egelsbach/Frankfurt a.M.: Fouqué Literaturverlag 1999
258 S.
ISBN: 3-8267-4608-2

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