Erzählbände & Kurzprosa

Liebeserklärung an die französische Metropole ...

Jeder Mensch hat seine Art und Weise, wie er sich erholt, wie er seinen Akku wieder aufl?dt. Die einen brauchen Trubel, andere Abgeschiedenheit und Ruhe; manche Stadt-, andere die Landluft. ? Die Ich-Erz?hlerin, die Auf der Suche nach Jacques ist, f?hrt regelm??ig nach Paris. "... und dann: ausgekippt in diese Stadt, Gep?cktr?ger, Augen auf der Suche, Winken, Umarmungen, Freudentr?nen, und ich mittendrin, und ich bilde mir ein, da? auch ich erwartet w?rde. Eine nicht mehr junge Frau k?me l?chelnd und mit ausgestreckter Hand auf mich zu. ?Guten Tag. Ich wei?, Sie sind auf der Suche nach Jacques.?" Zwar kennt unsere Paris-Fanatikerin keinen Jacques, aber sie ist in der Tat w?hrend des ganzen Buches auf der Suche nach dem Wesen der Hauptstadt Frankreichs. Oder ist "Jacques nur ein Codewort f?r die Liebe, mit der man den anderen anschaut, sich selbst, die Blumen und die Dinge um einen herum"?

F?r Sommer und Winter, f?r gutes und f?r schlechtes Wetter hat sie andere Programmpunkte zusammengestellt im Laufe der ungez?hlten Besuche in ihrer Lieblingsstadt? wobei alles, was sie unternimmt, mit dem Sehen zu tun hat. Die Ich-Erz?hlerin ist ein Augenmensch, sie guckt die Inhalte der "Pariser Wundert?te" genau an und sammelt sie, speichert sie, will sie vor dem Vergessenwerden bewahren. "Ich schaue aus dem Fenster, durch die grob geh?kelte Gardine mit Wasserpflanzenmotiven, die mit Schlaufen an einer Metallstange befestigt ist, und schicke meine Augen auf Streife, nein, anders, meine Augen werden pl?tzlich zu Rennpferden, die, kurz vor dem Start, in ihrer Box unruhig hin und her trippeln, so lange, bis sich die T?r ?ffnet und sie losrennen k?nnen."

Mit dem Werkzeug der Augen sieht Angelika Stein und beschreibt, was sie sieht, f?r sich und f?r den Leser. Dem Schauen folgen, unausweichlich, Gedanken und eine ganze Kette dichter Assoziationen. Sobald diese verfolgt werden, geht es nicht mehr um die Gegenwart, sondern es wird eine sehr eigene, sehr pers?nliche Vergangenheit heraufbeschworen. Hier nun h?tte ich mir als Leserin vom Verlag ein anderes Layout gew?nscht. Ein Text von 112 Seiten ohne einen einzigen Absatz, geschweige denn Zwischen?berschriften: Das fordert viel. Ich m?chte immer gern wissen, wohin der Weg geht, wohin mich Autorin und Text f?hren. Aber f?r andere Leser mag gerade dieses Sich-Einlassen-M?ssen seinen Reiz haben.

Auf der Suche nach Jacques ist eine Liebeserkl?rung an die franz?sische Metropole und ihre Bewohner ? und indirekt die Schilderung einer reizvollen, eigenwilligen und h?chst sensiblen Protagonistin. "Wenn ich abreise, wird die Batterie aufgeladen sein, werden meine Taschen gef?llt sein, werde ich davon leben k?nnen bis zum n?chsten Mal."

fms
03.01.2002

 
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Das Buch:

Angelika Stein: Auf der Suche nach Jaques. Erzählung

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Stuttgart: Radius Verlag 2001
120 S.
ISBN: 3-87173-228-1

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