Erzählbände & Kurzprosa
Die dunkle Seite von Weihnachten
Es sind nur noch wenige Tage bis Heiligabend und die Festtagsvorbereitungen laufen auf Hochtouren, denn schließlich soll beim Fest der Feste nichts schiefgehen. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen, die leider nicht immer erfüllt werden können: Man bekommt nicht die erhofften Geschenke, das Weihnachtsessen ist misslungen und der alljährliche Streit ruiniert die harmonische Stimmung - so wie in "O Galgenbaum. Kriminelle Weihnachtsgeschichten" aus dem Hause Diogenes.
Daniel Kampa hat sich die Mühe gemacht, zehn Erzählungen für den Leser zusammenzustellen, die Weihnachten als großes Thema haben. Auf 350 Seiten finden sich die Geschichten von Größen wie Fred Vargas, Ingrid Noll, Georges Simenon und Håkan Nesser, die unterhalten und zugleich auf die turbulenten Feiertage einstimmen. Allerdings unterscheidet sich das vorliegende Buch grundlegend von anderen Weihnachts-Büchern mit ihren herzerwärmenden Texten: Es sprüht vor krimineller Energie und bissig-schwarzem Humor, außerdem zeigt es erstaunlich realistisch die dunkle Seite von Weihnachten - eine Seite, die alle Jahre wieder durchschlägt und für Verstimmungen innerhalb der Familie sorgt.
Die Geschichten sind wie gute Krimis, nur um einiges kürzer. Knifflige Mordfälle müssen gelöst werden, Einbrüche bei Juwelieren stehen ganz oben auf der Liste der Kriminellen und Verwandte lassen beim Besuch den einen oder anderen Goldlöffel mitgehen. Jeder erlebt diese Zeit anders: Der Polizist ist auf dem Revier statt daheim bei der Familie, eine Mutter vermisst ihre ausgerissene Tochter aufs Schmerzlichste, ein eingebuchteter Einbrecher erzählt seine Leidensgeschichte und ein Hund macht beim Gassigehen den Mörder seines Frauchens dingfest. Bei soviel Auswahl sollte doch für jeden das Richtige dabei sein.
"O Galgenbaum. Kriminelle Weihnachtsgeschichten" vereint die Crème de la Crème der Kriminalliteratur. Auch wenn die Erzählungen recht kurz gehalten sind, so haben sie doch einen recht hohen Unterhaltungsfaktor, der dem Leser über den Stress der (Vor-)Weihnachtszeit erfolgreich hinweghilft. Schon nach zehn Seiten sind die letzten Stunden in der übervollen City vergessen und man ist für den nächsten Tag erholt. So unterhaltsam war Mord und Totschlag bisher noch nie.
Susann Fleischer
14.12.2009