Erzählbände & Kurzprosa

Schonungsloser Spiegel der Gesellschaft

Florian Beck, geboren 1982 in der Schweiz, entführt uns mit seinen Kurzgeschichten in die seltsame unergründliche Menschenwelt. Der Autor lebt noch immer in der Schweiz und Kunst und Kultur sind wichtige Bestandteile seines Lebens. An vielerlei Stellen zitiert er in seinem Buch namhafte Literaten. Diese Zitate sind nicht zufällig ausgewählt, sondern absichtlich und unglaublich treffend zum Text platziert. Der Autor teilt uns auf diesem Transportwege etwas mit. Er lässt nicht nur seine Kurzgeschichten auf uns wirken, sondern animiert uns zwischen den Zeilen zu lesen, das zu sehen, was unmittelbar vor uns liegt. Er spricht zu uns und lässt zu uns sprechen.

Florian Beck schreibt schonungslos. Er klagt an, poltert rücksichtslos durch unser Gemüt und Gewissen. Er zeigt auf, mitunter zynisch, dreist, spöttisch, aber auch selbstkritisch. Er erhebt zwischen den Zeilen den moralphilosophisch mahnenden Zeigefinger, allerdings klagt er an, ohne jemanden anzugreifen oder direkt zu verurteilen. Wer sich angesprochen fühlt, wer sich wiederfindet, der ist gemeint. So verdeutlicht er uns den Makel der Zeit, präsentiert uns die Wahrheit hinter dem Reichtum und der Macht. Schonungslos realistisch zeigt er uns die Wirklichkeit, mit einem Blick auf Armut und Einsamkeit, soziale Randgruppen, menschliche Arroganz und Beweihräucherung. Der Autor lässt uns teilhaben an seinem Leben, seinem Denken, aber auch an seiner Gefühlswelt, seinen Wünschen und Träumen, seinen Irrwegen und dem Zieleinlauf, der Selbstverwirklichung, die er im Schreiben gefunden hat, die sich ihm darin offenbart hat. Er lädt ein, über den Tellerrand zu schauen und dabei nicht zu vergessen, vor der eigenen Türe zu kehren. Nicht nur jammern, wo es andere Mitgeschöpfe gibt, die wirklich Grund zur Klage haben, ihr Los aber still ertragen, nicht einmal leidvoll seufzen, dem Schicksal ergeben!

In seinen Geschichten konfrontiert uns der Autor mit Alkoholismus und Drogensucht. Er spielt häusliche Dramen ab und macht das Bild immer deutlicher, welches vor unserem geistigen Auge entsteht. Es ist zuweilen erschütternd, was er mit seiner persönlichen Anklageschrift zu Tage befördert. Dabei ist er trotz allem romantisch, poetisch und gefühlvoll, allerdings auch direkt, unumwunden, deutlich bis ins Detail. Er beschönigt nichts und kann dem, was nicht beschönigt werden musste, dennoch Gutes abgewinnen.

In seinen Texten geben sich Optimismus und Pessimismus die Klinke in die Hand und doch malt er nicht schwarz, aber auch nicht weiß. Diese Kurzgeschichten begleiten uns durch den Alltag mit all seinen Facetten. Wir sind geprägt von der Umwelt und haben einen Stempel aufgedrückt bekommen. Versuchend zu entfliehen, den Tag des Abschieds herbeizusehnen und doch in kostbaren Momenten pure Lebensfreude empfindend. Man möchte diese auskosten, drückt sie wie ein Kleinod an sich und wird doch vom unbarmherzigen Alltag wieder eingeholt. Aus der Traum!

Manchmal verbringt man auf diese Weise Jahre, gar Jahrzehnte, ehe Gevatter Tod sich zu uns gesellt. Doch manchmal wird man auch ganz früh aus der vermeintlichen Mitte gerissen, die in Wirklichkeit nie eine vertraute, sichere, aufgeräumte war. Der Weg ist zuweilen bedrückend, doch stets wahr und nachvollziehbar. Der Text spiegelt Enttäuschung wieder, aber auch pure Lebenslust. Wohl dem, der nicht auf der Schattenseite des Lebens verweilt, der sich unbedacht in der Sonne aalen kann. Wohl dem, der bei dieser Sonnenstrahlenberieselung einen kühlen Kopf behält und nicht eingeht wie ein vertrocknetes Pflänzchen.

Tanja Küsters
11.05.2009

 
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Das Buch:

F. Beck: Im teuflischen Rausch der menschlichen Sinne. Kurzgeschichten

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2008
135 S., € 9,90
ISBN: 978-3-8372-0203-8

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