Ratgeber

Zurück zu den Wurzeln

Dass das Ökosystem Wald für uns Menschen nicht nur als Sauerstoff- und Holzlieferant fungiert, sondern auch nährende und heilende Pflanzen hervorbringt, haben wir in unserer industrialisierten Welt aus einseitig gezüchteten Getreide- und Gemüsesorten und synthetischen Heilmitteln fast vergessen. Der Geograph, Geologe und Biologe Markus Strauß möchte der urbanisierten Gesellschaft die Bedeutung des Waldes für unsere Ernährung und Gesundheit mit seinem neuesten Buch "Die Wald-Apotheke" (wieder) näherbringen. 

Eingeteilt in die Kapitel "Lebensmittel", "Genussmittel", "Heilmittel", "Wellness" und "Räuchern" beginnt Strauß seinen Streifzug durch den heimischen Wald mit einem glühenden Vorwort, das die Vorzüge der essbaren Wild- und Heilpflanzen sowie die positive Wirkung eines Waldspaziergangs preist. Wildpflanzen sind immer regional, saisonal, werden ohne lange Transportwege verzehrt und kommen garantiert ohne chemischen Dünger aus. Der positive Nebeneffekt des Sammelns ist, dass sich die Ruhe des Waldes sowie die gute Luft auf die Ausgeglichenheit und Gesundheit des Menschen auswirken. Viele Gründe also, sich dem, was der Wald zu bieten hat, einmal ausführlicher zu widmen. 

Jeder Baum, jeder Busch und jede Pflanze, die Strauß vorstellt, werden in Aussehen und Wirkung ausführlich beschrieben. Auch auf Verwechslungsgefahren und eventuelle giftige Doppelgänger wird hingewiesen. Danach folgen jede Menge Tipps, wie das gesammelt Pflanzengut verwendet werden kann, hauptsächlich sind es jedoch Rezepte, z. B. für Brennnessel-Pesto, Haselnuss-Brotaufstrich, Vogelbeer-Smoothie oder Giersch-Spinatgemüse. Aber auch so Ausgefallenes wie Brennnessel-Eis oder Eichelsuppe fehlt auf Strauß´ Speiseplan nicht. 

Im Bereich Wellness sorgen u.a. Birke und Kastanie für die Zutaten für ein Haar- und Kopfhaut-Pflegeöl oder für ein Naturshampoo. Im letzten Kapitel greift Strauß das Thema Räuchern, ein archaisches Ritual, bei dem Harze und Nadeln aus dem heimischen Wald verwendet werden, auf und gibt Sammelhinweise und Tipps, damit das Räuchern gelingt und es wie einst einmal die Funktion der Reinigung und des Beduftens übernehmen kann. 

Ein Rezeptregister, eine Literaturliste sowie ein Erntekalender im vorderen wie auch hinteren Buchdeckel runden Strauß´ informative und vor allem mitreißende Reise durch den heimischen Wald ab. Selbst wenn man nach der Lektüre nun nicht direkt den Drang verspürt, all die Rezepte, die selbst dem heutigen Landbewohner zunächst erst einmal befremdlich erscheinen, auszuprobieren, hält man doch garantiert auf dem nächsten Waldspaziergang einmal Ausschau nach den im Buch vorgestellten Pflanzen. Man ertappt sich dabei, den Wald vor der eigenen Haustür mit anderen Augen zu sehen und all dem, was dort wächst, größeren Respekt entgegenzubringen. Denn wer möchte schon auf etwas herumtrampeln, das man auch essen könnte oder das einem von einem Zipperlein heilen könnte?

Für manche mag der Titel des Buches zusammen mit dem Doktortitel des Verfassers vielleicht etwas irreführend erscheinen. Strauß ist kein Doktor der Medizin, sondern der Naturwissenschaften und es geht in seinem Buch auch nicht vorrangig um Heilmittel aus dem Wald. Vielmehr geht es Strauß um ein Bewusstsein für die Kräfte und die vielen guten Inhaltsstoffe, die in Wildpflanzen zu finden und von uns wiederzuentdecken sind. Das Thema Selbstversorgung spielt hierbei auch einen Rolle. "Zurück zu den Wurzeln" könnte man Strauß´ Motto sowohl im übertragenen wie auch wörtlichen Sinn beschreiben. In gewisser Weise fungiert der Wald dann auch als Apotheke für den Menschen, denn der Genuss der Wildpflanzen und eine Rückbesinnung auf das Ursprüngliche sind die Grundlage für eine gesunde Lebensweise.  

Sabine Mahnel
18.04.2017

 
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Das Buch:

Dr. Markus Strauß: Die Wald-Apotheke. Bäume, Sträuche und Wildkräuter, die nähren und heilen

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München: Menssana Verlag 2017
203 S., € 19,99
ISBN: 978-3-426-65804-8

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