Ratgeber

Ein Überlebenstrainer für das Bahnfahren

Jeder, der schon einmal mit einem Beförderungsmittel der Deutschen Bahn, unabhängig davon, ob es sich um einen ICE oder eine Regionalbahn handelt, benutzt hat, kann die eine oder andere skurrile Geschichte erzählen. Einige davon sind witzig, andere hingegen lassen dem Zuschauer die Haare zu Berge stehen. Und manche Erlebnisse könnten ganze Bücher füllen. Die Journalisten Mark Spörrle und Lutz Schumacher haben eine (Anti-)Hymne auf das deutsche Bahnwesen geschrieben. Doch betonen die Autoren gleich zu Beginn, dass alles in dem Buch "senk ju vor träwelling" frei erfunden ist. Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden deutschen Bahngesellschaften seien rein zufällig und nicht gewollt. Nach diesen einleitenden Zeilen geht’s dann auch schon los.

Das Buch ist aufgebaut wie eine Bahnreise: Beginnend mit der Planung bis zum Fahrtziel, das man womöglich nach Tagen endlich erreicht. Doch bevor die Autoren zum eigentlichen Thema kommen, muss festgelegt werden, welcher Bahntyp der Leser ist. Anhand einer Reihe von Fragen erfährt man, ob man entweder
a) der Bahn-Idealist oder
b) der Bahn-Realist oder
c) der Bahn-Skeptiker ist.

Auf dieser Grundlage liest der geneigte Bahnfahrer das vorliegende Buch. Anschließend wird dem Leser geraten, niemals, unter gar keinen Umständen, umzusteigen, wenn er noch am Tag seiner Abreise am ersehnten Ziel ankommen möchte.

Und dann geht es los mit dem eigentlichen Unternehmen, einer Fahrt mit der Bahn. Diese stellt sich bereits zu Beginn als ein schwieriges Unterfangen heraus, denn zuvor muss die Fahrkarte erworben werden. Entweder man stellt sich am Schalter an und wartet Stunden über Stunden, oder man geht zu einem der vielen Automaten, die aber hochkompliziert sind und nie das Gewünschte ausspucken, oder aber man bedient sich des Mediums Internet. Falls der Bahnfahrer nun endlich erfolgreich gewesen sollte, muss ein Sitzplatz im Zug errungen werden, und dies mit allen Mitteln und Tricks. Im Zug muss sich der Bahnreisende dann verschiedenen Gefahren stellen: nervende Mitreisende, unfreundliche Servicekräfte, stehenbleibende Züge, defekte Klimaanlagen und vieles mehr. Doch schließlich ist das Bahnfahren immer noch besser als mit dem Auto im Stau zu stehen. Und wenn man richtig ausgestattet ist, lassen sich auch solche schwierige Situationen meistern.

Die Autoren wissen, wovon sie schreiben. Schließlich haben sie, bei Wind und Wetter, mehr als die Hälfte ihres Lebens auf den Bahnhöfen Deutschlands verbracht. Es wird immer wieder auf den anstehenden Börsengang des Bahnunternehmens angespielt, der die momentane Situation eigentlich nur noch verschärfen würde. Doch lässt dieser Zeitpunkt noch auf sich warten. Dem Leser wird mit dem Buch ein Überlebenstrainer in die Hand gegeben, den dieser immer bei sich tragen sollte. Dabei gehen Spörrle und Schumacher mit einer kräftigen Portion Humor und gesundem Menschenverstand an die Tatsache, dass das Zugfahren ein einmaliges Erlebnis ist, das sich kein Mensch entgehen lassen sollte. Man muss sich als Leser immer wieder den anfänglichen Hinweis der Autoren ins Gedächtnis rufen, dass die im Buch dargestellten Situationen, die teilweise mit ausführlichen und einprägsamen Beispielen untermauert werden, reine Erfindung sind. Die Wirklichkeit muss schließlich jeder für sich selbst herausfinden. Erfahrungen anderer Bahnreisender können auf der eigens für dieses Buch angelegten Homepage www.senkjuvortraewelling.de nachgelesen werden.

Susann Fleischer
09.03.2009

 
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Das Buch:

Mark Spörrle, Lutz Schumacher: "senk ju vor träwelling". Wie Sie mit der Bahn fahren und trotzdem ankommen

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Freiburg im Breisgau: Herder Verlag 2008
192 S., € 12,00
ISBN: 978-3-451-29809-7

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