Medien & Gesellschaft

Ein philosophischer Beitrag zu den zwei wichtigsten Fragen seit Menschengedenken

Wenn man bei Wikipedia nach einer Begriffserklärung zu "normal" sucht, findet man folgenden Eintrag: "die Eigenschaft, als üblich betrachtet zu werden". Ähnlich heißt es auch bei Lothar Höhn dazu: "Als `normal´ wird (...) etwas bezeichnet, was der 'Norm' entspricht, was mit dem 'Maßstab' übereinstimmt, etwas wie es sein soll - wie es sich gehört, was 'vernünftig' ist." Ganz im Gegenteil zu der Definition von "verrückt": "(...) etwas befindet sich nicht am rechten Platz, da wo es hingehört, irgendetwas stimmt nicht, ist nicht in Ordnung - ist verkehrt." Was es mit den beiden Wörtern genau auf sich hat, erfährt man in dem vorliegenden Buch. Und man erfährt noch einiges über den berühmten Tellerrand hinaus.

"Die universelle Norm als Maßstab" versucht die Frage zu beantworten: Was ist verrückt? Was ist normal? Es bleibt aber nicht nur beim Versuch. Dem Autor gelingt es tatsächlich, dem Leser gleich mehrere Antworten zu liefern. Je nach Betrachtungsweise gibt es stets mehr als eine. In sechs Kapiteln erfährt man alles zu diesem Thema und noch einiges darüber hinaus. Nach der Grundsteinlegung werden konkret Betrachtungen darüber angestellt, was im eigenen Leben, in der Beziehung zum Du, in der Gesellschaft etc. als "verrückt" und was als "normal" zu bezeichnen wäre. Dabei geht es Höhn nicht darum, seine Leser auf irgendeine Art und Weise zu moralisieren. Vielmehr will er Wege aus dem Begriffsdilemma aufzeigen.

Nach der Lektüre der 174 Buchseiten ist man definitiv ein bisschen klüger als noch kurz zuvor. Denn dann weiß man zumindest auf die Fragen Was ist verrückt? Was ist normal? endlich eine Antwort zu geben. Lothar Höhn schafft mit seinem Werk allerdings noch mehr: Was man hier in die Hand bekommt, ist ein erstaunlich unterhaltsames Lesevergnügen über viele, viele Stunden. Man merkt beim Lesen gar nicht, wie die Zeit vergeht, und ist ganz erstaunt, dass es, viel zu schnell am Ende angekommen, längst später Abend ist. Der ehemalige Lehrer wagt hier eine philosophische Erklärung über die "universelle Norm als Maßstab" und beweist sich dabei als absoluter Experte auf diesem schwierigen Gebiet. Er kennt sich aus!

Am Ende kann man nur zum selben Schluss kommen wie einst Civero: Die Welt ist ein Irrenhaus. So etwas wie "normal" oder "verrückt" gibt es nicht. Denn der Maßstab ist letztendlich derjenige, den jeder für selbst wählt. Lothar Höhn bietet dem Leser eine Wahl aus einem Pool voller Möglichkeiten - und macht ihm so das Leben, wenigstens für einen kurzen Moment, leichter.

Anja Rosenthal
01.02.2016

 
Diese Rezension bookmarken:

Das Buch:

Lothar Höhn: Was ist verrückt? Was ist normal? Die universelle Norm als Maßstab

Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2015
174 S., € 14,80
ISBN: 978-3-8372-1764-3

Diesen Titel

Logo von Amazon.de: Diesen Titel können Sie über diesen Link bei Amazon bestellen.