Medien & Gesellschaft

Kann das wirklich alles wahr sein?

Dieses Buch ist erst einmal eine ausgesprochen gut recherchierte Biographie ?ber eine amerikanische, weit verzweigte Familie. Sie beginnt im Jahre 1908 mit Prescott Sheldon Bush, widmet sich ausf?hrlich George Herbert Walker Bush und endet 2003 bei George Walker Bush. Damit ist es klar, um was es geht: den wiedergew?hlten und seit 2001 amtierenden US-Pr?sidenten, seinen Vater und seinen Gro?vater. Denn Prescott Bush war der erste Vollzeitpolitiker ? und der letzte, der nicht haupts?chlich auf sein eigenes Wohl bedacht war ? in dieser Familie, als Senator des Bundesstaats Connecticut.

Eines wird dem Leser sehr schnell klar: Kitty Kelley ist keine Freundin von George Bush sen. (George H.W. Bush) oder George Bush jun. (George W. Bush). Sie legt keinen Wert auf Einladungen ins Wei?e Haus und m?chte sicher auch gar nicht die Bekanntschaft des derzeitigen Pr?sidenten machen. Im Gegensatz zu ihm ist sie n?mlich ausgesprochen belesen und hat in geradezu unglaublicher Weise geradezu Ungeheuerliches recherchiert.

Und dass der Wahrheitsgehalt dieses Buches nicht nur hoch, sondern unantastbar ist, belegt die Tatsache, dass die Autorin in den wegen seiner Klagefreudigkeit ber?chtigten USA bislang keine Klage gegen das Buch verloren hat.

Danach handelte es sich beim 1972 verstorbenen Prescott Bush um einen Politiker, der noch eine Aufgabe darin sah, seinen Staat und seine ?berzeugungen zu vertreten, auch wenn er damit aneckte. So ist es auch kein Wunder, dass er seinen Sohn George H.W. l?ngst nicht in allen Ansichten unterst?tzte, da dieser n?mlich seine Meinung so ?nderte, wie es ihm gerade die meisten Vorteile brachte. Wenn man sich die Liste der T?tigkeiten anschaut, die George Bush sen. innehatte und nicht zu Ende brachte, einschlie?lich seiner Funktion als Pr?sident (er wurde bekanntlich als einer der wenigen Pr?sidenten nicht wiedergew?hlt), dann ist es erschreckend. Eigentlich ist es ein drittklassiger Politiker gewesen, der aus reichem Elternhaus stammte und nie richtig arbeitete, aber wenigstens als Soldat aktiv war.

Das mit dem verw?hnten Elternhaus trifft auch f?r seine S?hne Jeb (heute Gouverneur von Florida) und George jun. zu. Beide machten umfangreiche Drogen- und Alkoholerfahrungen (auch ihre Kinder standen schon wegen Drogen- und Alkoholdelikten vor Gericht), sind zumindest verkappte Rassisten und haben nicht das geringste Verst?ndnis f?r die Probleme sozial schw?cherer Schichten. Jeb, mit einer Mexikanerin verheiratet, setzt sich zumindest f?r Latinos (in Florida meist Kubaner) ein. Beide aber machen vor allem das, was ihnen und ihren Freunden nutzt. 200 Millionen Dollar f?r einen Wahlkampf sammeln? Kein Problem, man hat ja Freunde, vor allem in der ?lindustrie. Der Irak wurde nur wegen seines ?ls angegriffen, das scheint nach Lekt?re dieses Buchs so klar wie nie zuvor. Keines der Kinder von George Bush sen. (oder einem anderen Regierungsmitglied) musste aktiv in den Krieg, George jun. kam ohne die an sich obligatorische Wartezeit in eine Heimatschutz-Fliegerstaffel, wurde nach wenigen Tagen Offizier (ohne Offiziersschule) und lie? sich nicht mehr blicken, als man ihn zum Drogentest f?r Flieger aufforderte. Auch an die Yale-Universit?t kam er nur durch Beziehungen und schloss mehr als mittelm??ig ab. Jeder erinnert sich an die Lewinsky-Aff?re um Bill Clinton, aber das George sen. mehr als zehn Jahre ein Verh?ltnis mit einer Mitarbeiterin hatte, ist nahezu unbekannt.

Die USA sind im W?rgegriff einer Familie, f?r die Begriffe wie "Clan" und "Dynastie" fast zu schmeichelhaft sind. Sowohl George sen. als auch George jun. haben ihre ?mter (die sie als eine Art Teilzeitjob betrachten, schaut man sich vor allem die Arbeitszeiten von George jun. an) benutzt, um sich ein erhebliches Verm?gen aufzubauen. Aber auch ihre Umgebung ? die nur aus Jasagern besteht, Kritiker werden gnadenlos bek?mpft ? profitiert erheblich. Gerade wurde bekannt gegeben, dass der Gesch?ftsf?hrer eines gro?en amerikanischen Nahrungsmittelkonzerns ein Ministeramt bekommt. Er ist kubanischer Herkunft. Ein Zufall? Nein, nach Lekt?re dieses Buchs wird klar, dass dies das "Dankesch?n" von George jun. an seinen Bruder Jeb ist, um sich f?r die eingeworbene Unterst?tzung der Exil-Kubaner zu bedanken, die fast alle in Florida leben.

Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, sind Sie froh, dass Sie nicht in den USA unter dieser Regierung leben. Sie m?gen von unserer Regierung halten, was Sie wollen, aber wir sind in jedem Falle noch besser dran. God bless America ? mit diesem Pr?sidenten brauchen Sie diese frommen W?nsche.

hah
12.12.2004

 
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Das Buch:

Kitty Kelley: Der Bush-Clan. Die wahre Geschichte einer amerikanischen Dynastie

CMS_IMGTITLE[1]

München: C. Bertelsmann 2004
751 S.
ISBN: 3-570-00823-1

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