Medien & Gesellschaft

Der Mann , der Robinson Crusoe war

Als Daniel Defoe seinen berühmten Roman "Robinson Crusoe" schrieb, war dies kein reines Fantasieprodukt, sondern beruhte auf den Erlebnissen eines jungen Schotten namens Alexander Selkirk. Dieser muss recht brauchbare Fähigkeiten gehabt haben, denn er brachte es schon früh zum Posten des Steuermanns auf einem Kaperschiff.

Damals – Ende des 18. Jahrhunderts – befand sich England im Krieg mit Spanien und die Schiffskapitäne erhielten so genannte Kaperbriefe, die bestätigten, dass sie keine Piraten waren, sondern im Auftrag der Krone handelten. Der bekannteste der Namen dieser Kapitäne war sicher der berühmte Francis Drake, daneben gab es aber auch unfähige Kapitäne.

Einem solchen war jedenfalls Selkirk aufgesessen, dessen Biografie die Autorin hier spannend erzählt. Zwar führte sein Weg korrekt an die südamerikanische Pazifikküste, aufgrund mangelhafter Vorbereitung waren die beiden Schiffe aber alles andere als in der Lage, Prisen zu machen, wie man das Kapern von Schiffen nannte. So kam es zu einem Zerwürfnis, das dazu führte, dass Selkirk auf einer einsamen Insel, San Fernando, 600 km von der chilenischen Küste entfernt, ausgesetzt wurde.

Aussetzen war damals keine ungewöhnliche Reaktion auf meuternde oder auch nur aufmüpfige Schiffsleute. Das Besondere allerdings war, dass Selkirk alleine ausgesetzt wurde, sonst wurden immer mehrere Seeleute verbannt. Er verbrachte vier Jahre und vier Monate alleine auf der Insel, bevor er letztendlich gefunden wurde und zurück nach England kam. Die See ließ ihn aber nicht los, und als halbwegs wohlhabender Mann starb er später an einer Art hämorrhagischem Fieber vor Afrika.

Seine Geschichte fand Eingang in zwei Anfang des neunzehnten Jahrhunderts von Kapitänen geschriebene Erlebnisberichte. Allerdings war seine Geschichte wohl nicht ausführlich genug. Das animierte den Vielschreiber Daniel Defoe dann zu seinem berühmten Roman, er ließ Crusoe allerdings 28 Jahre auf der Insel verbringen.

Die Autorin hat für dieses Buch eine Vielzahl von Archiven, vor allem Schiffsarchiven, durchstöbert und in alten Logbüchern gelesen. So entstand anhand des Schicksals von Alexander Selkirk ein außergewöhnliches Bild des englischen Seelebens um die Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert, das anschaulich und gut belegt die damaligen gesellschaftlichen Gegensätze herausarbeitet.

Daneben schildert sie ausführlich die Leidensgeschichte Selkirks auf der Insel selbst, die im Buch nur Die Insel genannt wird. Dabei spielen auch Flora und Fauna eine Rolle. Im letzten Kapitel beschreibt sie dann die Insel bei einem heutigen Besuch. Vieles hat sich verändert auf der Isla Robinson Crusoe, wie sie heute heißt. Die Bewohner haben lange keine Rücksicht auf die einzigartige Fauna und Flora der Insel genommen und erst in den letzten Jahren werden ernsthaften Bestrebungen zum Erhalt unternommen, die von den heute wenigen Bewohnern nur ungerne gesehen werden.

Viele haben sicher das Buch von Defoe gelesen oder die Geschichte im Fernsehen verfolgt. Wer mehr über die Hintergründe der damaligen Zeit wissen will, bekommt jedenfalls mit diesem Buch eine hervorragende Handreichung, die auch ein bisschen eventuell aufkommende Abenteuerlust dämmt, denn ein Traum war das Seemannsleben, auch ohne ausgesetzt zu sein, damals nicht.

hah
13.12.2002

 
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Das Buch:

Diana Souhami: Selkirks Insel. Die wahre Geschichte von Robinson Crusoe

CMS_IMGTITLE[1]

München: Goldmann-Verlag 2002
253 S.
ISBN: 3-442-30885-2

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