Medien & Gesellschaft
Die Geschichte der Charité als eine Geschichte voller Glanz- und Tiefpunkte
Urspr?nglich als Pesthaus gedacht und inzwischen zur gr??ten Universit?tsklinik Europas avanciert, sorgt die Berliner Charit? seit nunmehr 300 Jahren immer wieder f?r viel Furore. Menschen wie Rudolf Virchow, Robert Koch, Karl Bonhoeffer und Ferdinand Sauerbruch wirkten in diesem Krankenhaus und trugen zus?tzlich zu dessen Weltruhm bei. Trotz des Glanzes, der die Charit? umgibt, musste die Klinik auch so manchen Tiefschlag einstecken. Davon erfahren nun auch all jene, die an Falko Hennigs Reise in seine 300-j?hrige Geschichte voller Highlights und Krisen teilnehmen, die der Journalist in seinem neuesten Buch "Der Eisb?r in der Anatomie" unternimmt. Unterhaltung und Kurzweile sind beim Lesen garantiert.
Schon die Anf?nge der Charit? erweisen sich als klassischer Fehlstart. Im Mai 1710 wurde das "Lazareth-Haus" gegr?ndet, um im Ernstfall gegen die durch ganz Europa w?tende Pestepidemien vorgesorgt zu sein. Doch diese sollte nie in Berlin ankommen, sodass das Pesthaus sp?ter kurzerhand zu einem Armenhaus f?r Arme, Bettler, uneheliche Schwangere und Prostituierte sowie zum Garnisonslazarett umfunktioniert wurde. Nicht die erste Fehlleistung von einer ganzen Reihe, die in 300 Jahren noch folgen sollte. Als dann 1713 ein Theatrum anatomicum, ein Raum f?r anatomische Vorlesungen und ?bungen, gegr?ndet wird, wird damit der Weg f?r gro?artige Leistungen in Wissenschaft, Lehre und medizinischer Versorgung gelegt, aber auch f?r eine Geschichte voller Pleiten, Pech und Pannen.
Die Charit? ist der Ort, an dem Chirurgen erstmals Anerkennung bekamen, die ?thernarkose, ?rtliche Bet?ubung und das vermeintliche Heilmittel Tuberkulin entwickelt wurden, aber auch als "Entv?lkerungsanstalt" w?hrend der Zeit des Dritten Reiches zu unr?hmlichen Ehren kam. Auch neueste F?lle wie der "Todesengel von der Charit?" und das M?rchen von der Bio-Viagra werden hier nicht ausgespart. Damit gelingt Hennig eine spannende, geschichtliche Rundreise, die Vergangenheit und Gegenwart in der Charit? verbindet und dabei ein Sammelsurium an Kuriosit?ten pr?sentiert.
"Der Eisb?r in der Anatomie" ist ein ausgefallenes Geschenk, zu Ehren des 300. Geburtstages der Charit?. Die Geschichten, so haarstr?ubend, kurios und dramatisch sie sind, erz?hlt Falko Hennig stets mit einem leicht ironischen Tonfall und im Plaudertone, sodass Unterhaltung trotz des wissenschaftlichen Aspektes garantiert ist. Endlich schreibt jemand eine etwas andere Geschichte des weltbekannten Krankenhauses, die beide Seiten der Medaille detailreich und ungeschminkt dem Leser vorstellen. Ein gelungenes Konzept, das nach einer Fortsetzung schreit. Stoff gibt es sicherlich noch in H?lle und F?lle.
Susann Fleischer
31.05.2010