Biographie

Ein Sack Weizen – der Schatz des Priamus?

Das vorliegende Buch beeindruckt von Anbeginn durch die Schönheit seiner Sprache. Sie ist klar und anschaulich, bald bildhaft und ungewöhnlich. Der Titel "Ein Lächeln kommt immer zurück" beruht auf Lebenserfahrung und Lebensweisheit, doch er verrät nicht ansatzweise, worüber die Autorin Sibylle Schoeller schreibt. Das mag die Neugier wecken.

"Und gib niemals auf!" Dieser und der des Titels sind die beiden Leitsätze, die Tante Ina der damals knapp zehnjährigen Sibylle S. aufgeschrieben hatte, bevor sie wieder nach München zurückfuhr, wo ihr Dienst im Krankenhaus wartete. Im Frühjahr 1944 ermöglichte sie, dass ihre Nichte mit zwei kleinen Schwestern nach Oberbayern ins Tegernseer Tal gebracht werden konnte - in Sicherheit, obgleich die Trennung von ihrem Zuhause in Schlesien sehr schmerzte. 1945 wurde, so eingangs in diesem Buch, "das Jahr der großen Flucht aus dem Osten. Auch meine Eltern mussten fliehen. Das kleine Dorf Burgwitz, im Kreis Trebnitz in Schlesien, hatte am 20. Januar 1945 den Treckbefehl erhalten. Die verstörten Dorfbewohner, vor allem Frauen und Kinder, die Männer waren im Krieg und die treuen polnischen Landarbeiter waren mit eilig zusammengepackter Habe bei klirrendem Frost im gemeinsamen Treck aufgebrochen. Auf den alten schlesischen Alleenstraßen reihte sich Pferdegespann an Pferdegespann, Wagen an Wagen, die Panzer der Russen im Rücken."

Kummer und Not, Sorge um das Wohl der nächsten Angehörigen in den zerrissenen Familien, Furcht und Ängste, Krankheit und Tod sind auf der Tagesordnung, aber auch herzliche Aufnahme und Hilfe, Solidarität und Gemeinschaft, Überlebenswille und Durchhaltevermögen. Die Lebensmaxime sollte sich bewähren!

Das Buch bereichern Abschnitte zur Zeitgeschichte, zum Beispiel über die Geschichte Polens vom 14. Jahrhundert bis zum 1. Weltkrieg, zahlreiche Abbildungen (Fotodokumente) sowie sorgfältig und passend ausgewählte Gedichte von Rilke, Hesse und Eichendorff. Eine Besonderheit ist, dass zum Ende des Buches hin die Mutter der Autorin - Elisabeth Reinking geb. Gräfin Finck von Finkenstein - aus ihrem Erleben die Flucht vom Burgwitzer Gutshaus in Worte fasst. Der Tenor ist derselbe. Auffällig, dass ein historischer Tatbestand bekräftigt und erklärt wird. Ihr Mann war im ehemals preußischen Teil Polens in der Provinz Posen aufgewachsen. 1918 wurde Polen wieder ein freier Staat, die dort lebenden deutschen Familien, vor allem die Landbesitzenden, nahmen die polnische Staatsbürgerschaft an. Dass Elisabeth und ihr Mann fließend polnisch sprachen erklärt sich daraus, ebenso das ganz besondere Verhältnis zu den polnischen Landarbeitern. "Sie gingen für uns durchs Feuer und verließen uns nie."

Insgesamt eine erlebnistiefe Lektüre, bewegend und bereichernd. Möge sie viele Leser finden, die sich ihrer Verantwortung für den Frieden bewusstwerden und dafür einstehen.

Dr. Peter Posse
09.12.2013

 
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Das Buch:

Sibylle Schoeller: Ein Lächeln kommt immer zurück

Frankfurt: August von Goethe Literaturverlag 2013
141 S., € 14,80
ISBN: 978-3-8372-1278-5

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