Biographie

Liebe bis an den Tod

Du innig Rot,

Bis an den Tod

Soll meine Lieb dir gleichen,

Soll nimmer bleichen,

Bis an den Tod

Du gl?hend Rot

Soll sie dir gleichen

 

Am 26. Juli 2006 j?hrt sich der Todestag der Verfasserin dieser Zeilen zum 200. Mal. Sie lebte in einer Zeit mit bis heute gesch?tzten Dichtern und Pers?nlichkeiten wie Clemens Brentano und seiner Schwester Bettine Brentano (sp?ter: Bettina von Arnim) und war mit diesen gut bekannt. Selbst Goethe ?u?erte sich zu ihren Versen. Dennoch l?st die Nennung ihres Namens heute kaum Aha-Effekte aus: Karoline von G?nderrode.

Mit 26 Jahren beging "die G?nderrode" Selbstmord. Warum dies geschah, erl?utert Dagmar von Gersdorff mit viel Sinn f?r Details in ihrem G?nderrode-Buch. Sie erz?hlt von ihrer engen Freundschaft zu Bettine Brentano, ihrem ungeheuren Wissensdurst aber auch dem h?ufigen Gef?hl, fehl am Platz zu sein ? und von ihrem Hang, sich in die falschen M?nner zu verlieben, was schlie?lich ihr Scheitern an der Welt ausmacht.

Du innig Rot...

Karoline wird im Jahr 1780 als ?ltestes von sechs Kindern geboren. Schon fr?h offenbart sich ein gest?rtes Verh?ltnis zu ihrer Mutter, die sie mit 17 Jahren ins Stift nach Frankfurt schickt -  sie ist die J?ngste dort. Im Stift selbst ist sie einsam und eingesperrt, doch ist sie h?ufig f?r l?ngere Zeit zu Besuch auf Landg?tern von Freunden. Dort lernt sie ihre erste gro?e Liebe kennen: Friedrich von Savigny.

Der sp?tere preu?ische Justizminister ist zu dieser Zeit noch Student. Doch ist er bereits ein imposanter Mann von herausragendem Geist, mit dem Karoline viel zu reden hat. Zwar: "?ber seinem Wesen lag eine unergr?ndliche Melancholie, die mit seiner traurigen Jugend begr?ndet wurde. Aber auch das gefiel ihr. Gerade zu ihr pa?te es." Auch die gebildete, "sanfte" G?nderrode beeindruckt Savigny. Bei Freunden wie Clemens Brentano erkundigt er sich ?ber ihre Familie, ihre Verh?ltnisse und erweckt ganz den Anschein, ernstlich an ihr interessiert zu sein. Dann aber erf?hrt sie vom regen Briefaustausch mit Gunda Brentano, die Savigny schlie?lich ehelicht. Denn Gunda ist ? so zeigt Dagmar von Gersdorff ? ganz Frau, um ihre haushaltlichen Pflichten besorgt und frei von jeglichen Hirngespinsten, wie die geistig nie zur Ruhe kommende Karoline sie pflegt.

Trost findet Karoline stets bei ihren Freundinnen, vor allem bei Bettine Brentano. Sie unterrichtet die J?ngere in Geschichte und Selbstbehauptung ("Wenn Bettine lauthals erkl?rte, sie wolle sich im Leben nicht z?geln lassen, dann kamen solche Ideen nur von der G?nderrode her"). Karoline und die Enkelin von Sophie La Roche haben vieles gemeinsam. Die Freundinnen zeichnen, erz?hlen, planen zusammen ? "beide hatten sie den festen Vorsatz, jenseits der spie?igen B?rgerwelt, der Gesch?fts- und Geldleute etwas Gro?es aus sich zu machen." Bettine wird sp?ter in ihrem G?nderrode-Buch erkl?ren, wieviel sie der Freundin verdankt.

Schon 1801 und 1802 besch?ftigt sich Karoline in ihren Gedichten h?ufig mit dem Tod. Nicht allein der Bruch mit Savigny ist daf?r verantwortlich. Der Tod zweier j?ngerer Schwestern, besonders der ihrer engen Vertrauten Charlotte G?nderrode, macht ihr zu schaffen. 1804 erscheint ihr erstes Buch "Gedichte und Phantasie" unter dem m?nnlichen Pseudonym "Tian". Clemens Brentano, der zuvor Karoline durch einen unsittlichen Antrag kompromittiert hatte, spricht ihr seine Achtung aus. Gest?rkt macht sie sich an ihr zweites Buch.

Bis an den Tod...

1804 schlie?lich begegnet Karoline dem Universit?tsprofessor Friedrich Creuzer. Obwohl dieser optisch wenig ansehnlich und zudem seit f?nf Jahren verheiratet ist, findet Karoline gleich Gefallen an ihm. Es beginnt eine langj?hrige Aff?re, die von h?ufigem Sinneswandel Creuzers gepr?gt ist: mal will er seine Frau verlassen, dann wieder eine "M?nage a trois" beginnen und schlie?lich erkl?rt er, "Lina" schicke sich nicht zur Ehe. Bettine, die Karoline von Anfang an vor Creuzer gewarnt hatte, k?ndigt sie schlie?lich auf dessen Dr?ngen die Freundschaft. Damit zerschneidet sie selbst ihr wichtigstes Band. "Die Freundschaft mit Bettine Brentano h?tte ein Gegengewicht zu Creuzers egoistischer Inanspruchnahme sein k?nnen", urteilt Dagmar von Gersdorff.

Im Sommer 1806 erwartet Karoline in Winkel am Rhein Creuzers Besuch. Dass dieser inzwischen schwer erkrankt ist und von seiner Frau gepflegt wird, wei? Karoline nicht. Als sie aus einem Brief ? nicht an sie selbst, sondern an ihre Gastgeberin Susanne von Heyden gerichtet ? erf?hrt, dass Creuzer seiner Frau versprochen hat, sie nie mehr zu hintergehen und Karoline nicht wiederzusehen, nimmt sie die Antwort ?u?erlich gelassen auf. Nachdem sie jedoch von einem Spaziergang nicht zur?ckkehrte, wird sie erdolcht am Rheinufer aufgefunden.

Friedrich Creuzers erste Tat nach ihrem Selbstmord besteht darin, die Ver?ffentlichung von Karolines drittem Buch "Melete" zu verhindern. "Niemand sollte von den Gedichten der G?nderrode erfahren", denn diese waren allzu augenscheinlich ihm gewidmet. Die einzige, die von Karoline berichtet, ist die ihr treu ergebene Bettine Brentano. Eine ergiebige Quelle f?r die Biografin, die allerdings an manchen Stellen zur Besch?nigung neigt, wie von Gersdorff feststellt.

Der Autorin ist ein gut lesbares, sorgf?ltig recherchiertes Portr?t Karoline von G?nderrodes gelungen, das die Neugierde auf das Werk der romantischen Dichterin weckt und die Frage nach der Schuld an deren Tod zu kl?ren bem?ht ist. Die Biografie zeichnet aber auch das Bild einer Frau, die ihrer Zeit voraus war und sich dichterisch mit Fragen befasste, die einer M?nnerwelt vorbehalten waren.

Yvonne Pioch
05.07.2006

 
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Das Buch:

Dagmar von Gersdorff: Die Erde ist mir Heimat nicht geworden. Das Leben der Karoline von Günderrode

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Frankfurt/Leipzig: Insel Verlag 2006
250 S., € 19,80
ISBN: 3-45817302-1

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