Biographie

Prominente Porträtistin

Wer hatte Gl?ck mit seinen Deutschlehrern? Zu dem mit einem, dessen Abgott Goethe war? Wer einen solchen Lehrer hatte, der wurde fr?hzeitig mit Angelika Kauffmann bekannt. Wer die war? Bereits als Mittvierzigerin traf sie 1786 in Rom den 37-j?hrigen Herrn M?ller. Der war ein Ber?hmter, der den noch ber?hmteren Briefroman "Die Leiden des jungen Werthers" verfasst hatte. Goethe konnte von der Kauffmann einiges lernen. Die Frau lebte, wie der J?ngere zu leben w?nschte: unabh?ngig. Goethe, in Weimar in vielfache Abh?ngigkeiten geraten, war aus Weimar ausgeb?xt. Angelika Kauffmann (1741-1807), lange in London lebend, hatte sich in Rom f?r den Rest des Lebens eingerichtet. Alles, was sie war, war sie bereits, als sie Goethe traf. Zwei Ber?hmte begegneten einander, ohne ihre Ber?hmtheit herauszukehren. Somit ist die Frage Nebensache: Wer ehrte wen durch die Begegnung?

Also ist die Frage auch keine Frage f?r Cornelia Katz, die ein Buch geschrieben hat, das sich vor allem mit Angelika Kauffmann besch?ftigt. Dass eines der Kapitel der "Begegnung mit Goethe" gewidmet ist, verbl?fft nun wirklich nicht. Das Buch m?chte mehr sein als eine der ?blichen K?nstlerbiographien. Geradezu programmatisch ist die Ank?ndigung der Autorin, sich ?ber die "K?nstlerin und Gesch?ftsfrau" zu ?u?ern. Die Hervorhebungen betonen nicht nur eine Absicht der Autorin. Sie sind eine betonte Aussage. "Angelika Kauffmann ist ein neuer Typ von Frau", legt sich die Verfasserin fest. Damit ist gewiss nicht gemeint, was heute allgemein unter moderner Frau verstanden wird. In ihrem kunstgeschichtlichen Exkurs spricht Katz von und ?ber eine Frau des 18. Jahrhunderts.

Unverhohlen spricht sie mit einer intensiven Pro-Kauffmann-Haltung, so dass der Ann?herung oft die n?tige Distanz fehlt. Die Autorin popularisiert eine Popul?re, deren Leben und Arbeiten "aus dem zeit?blichen Rahmen gefallen" war. Das bedeutet, bevorzugt die berufliche Souver?nit?t und Selbstst?ndigkeit herauszustellen. Die praktizierte Eigenst?ndigkeit der Kauffmann hatte in allem eine erstaunliche Selbstverst?ndlichkeit. Die Autorin sieht die K?nstlerin als eine Selbstbestimmte voller k?nstlerischer und gesellschaftlicher wie gesch?ftlicher Zielstrebigkeit. Die war unausweichlich f?r die Selbstdarstellung der Pers?nlichkeit wie f?r die Selbsterforschung. War die daf?r n?tige Selbstbewusstheit und Selbstgewissheit in Angelika Kauffmann? Gabriele Katz sieht, findet, erkl?rt, was die Souver?nit?t der Pers?nlichkeit der Kauffmann ausmachte.

"Angelika Kauffmann. K?nstlerin und Gesch?ftsfrau" ist, im besten Sinne, mit vielen und noch mehr Bildern und Zeichnungen ausgestattet, die von der Protagonistin und deren Kollegen stammen. Nicht nur die vielen Selbstbildnisse der K?nstlerin machen sichtbar, wie sie sich die Professionalit?t der Portr?tistin entwickelte. Popularit?t und Profit der leichth?ndig und flei?ig Arbeitenden, Verwertung und Verkauf der Werke, verdankte die Erfolgreiche vor allem ihren Portr?ts wie Historienbildern. Die prominente Portr?tistin war eine Portr?tistin der Prominenten. Angelika Kauffmann war eine Auftragsk?nstlerin. Und damit in ihrer Unabh?ngigkeit nicht abh?ngig? Eine Abh?ngige, die wusste wie Unabh?ngigkeit gewahrt wird?

Angelika Kauffmann war eine Exponierte in der Kunstwelt ihrer Zeit, in der sie ihre eigenst?ndigen Entscheidungen f?llte. Sie hat die Kunstwelt begleitet und gepr?gt. Sie gab der Kunstwelt, was dieser gefiel. Das garantierte der K?nstlerin, die eine technisch versierte Malerin war, den enormen Zuspruch. Kritik an Kauffmann zu ?u?ern, ist nicht die Absicht der Autorin dieses Buches. Dezent, eher nebenher, erw?hnt sie Kritiker, die ihre Zweifel an der Weiblichkeit der M?nnerdarstellungen der K?nstlerin ?u?erten. Die Pro-Kauffmann-Autorin kontert, wenn sie von "fast scheuer Sch?nheit" der Darstellungen spricht. Die trifft auch auf das "Freundschaftsbild" zu, das Angelika Kauffmann 1787 von Goethe anfertigte. Es ist das Bildnis demonstrativer "Seelenverwandtschaft" zweier K?nstler, die sich zur rechten Zeit, am rechten Ort trafen. Zwei, die sich akzeptierten in ihrer jeweiligen Unabh?ngigkeit, weil sie von den unweigerlichen Abh?ngigkeiten wussten.

Der Band ist auch eine Bildergalerie f?r Angelika Kauffmann. Nicht nur mit Bildern von Angelika Kauffmann. Eine Ausstellung, die so wohl nirgendwo zu besichtigen ist.

Bernd Heimberger
14.05.2012

 
Diese Rezension bookmarken:

Das Buch:

Gabriele Katz: Angelika Kauffmann. Künstlerin und Geschäftsfrau

CMS_IMGTITLE[1]

Stuttgart: Belser Verlag 2012
168 S., € 24,95
ISBN: 978-3-7630-2609-8

Diesen Titel

Logo von Amazon.de: Diesen Titel können Sie über diesen Link bei Amazon bestellen.