Biographie
Der Universalgelehrte erzählt selbst
Anlässlich seines 150. Todestages am 6. Mai 2009 drängt sich ein Rückblick auf das Leben des letzten Universalgelehrten Europas, des "zweiten Kolumbus", des "wissenschaftlichen Wiederentdeckers Amerikas" - um nur einige Titel zu nennen, die dem Naturwissenschaftler und Forschungsreisenden Alexander von Humboldt verliehen wurden - geradezu auf. Frank Holl, einer der besten Humboldt-Kenner, hat mit "Alexander von Humboldt: Mein vielbewegtes Leben" einen Band aus Humboldts Tagebüchern, Briefen und Schriften zusammengestellt und ihn mit über 140 meist farbigen Abbildungen versehen.
Alexander von Humboldt wächst zusammen mit seinem zwei Jahre älteren Bruder in Berlin auf. Aufgrund der Stellung des Vaters - er ist preußischer Offizier und Kammerherr des Thronfolgers Friedrich Wilhelm II. - prägt die Nähe zum preußischen Königshaus seine Kindheit und Jugend. Zusammen mit seinem Bruder absolviert Alexander zunächst ein Studium in Frankfurt/Oder, wechselt aber bald nach Göttingen.
Im Alter von 22 Jahren strebt er eine Stelle im Staatsdienst an und beginnt sein Studium an der Bergakademie Freiberg. Später sollte er für seine Erfindung, die Grubenlampe, die nicht zuletzt auch ihm einmal das Leben rettete, bekannt werden. Durch den Tod der Mutter 1796 und das damit verbundenen Erbe bietet sich Alexander endlich die Möglichkeit, seine Stellung aufzugeben und sich als unabhängiger Naturforscher und Wissenschaftler auf Reisen zu begeben. Die Tatsache, dass Humboldt damit der erste Forschungsreisende war, der sich selbst finanzierte und somit unabhängig von Gönnern und deren Absichten war, macht seine Sonderstellung noch deutlicher.
Humboldt begibt sich zunächst auf eine fünfjährige Reise, die ihn nach Süd- und Nordamerika führt. In Südamerika gewinnt er nicht nur Einsichten über Geologie, Botanik, Klimatologie und Geographie, sondern kommentiert in seinen Reisetagebüchern auch immer wieder politische und humanistische Missstände. Stets seiner politischen Überzeugung folgend, dass "alle gleichmäßig zur Freiheit bestimmt sind", missfällt ihm besonders die Sklaverei, die er auf Kuba vorfindet.
Nach längeren Aufenthalten in Paris und Berlin, begibt er sich im Alter von 60 Jahren noch einmal auf Forschungsreise, diesmal mit dem Ziel Russland. Seine letzten Lebensjahre verbringt er, den Briefverkehr mit den Gelehrten dieser Welt nicht abbrechend und kontinuierlich weiterarbeitend, in Berlin.
Das Besondere an diesem Buch über Alexander von Humboldt ist, dass es eben gerade nicht nur über ihn geschrieben wurde, sondern dass Humboldt praktisch selbst erzählt, indem Frank Holl Reisetagebucheinträge, Schriften und Briefe chronologisch zusammengestellt und mit kurzen biographischen Zwischenstücken versehen hat. Diese großformatige und reich bebilderte Lebensgeschichte erklingt damit gleichsam aus Humboldts Mund - lebhaft, realitätsnah und fesselnd.
Sabine Mahnel
29.06.2009