Sammelrezensionen und Glossen & Berichte

Die Zeiten ändern sich – Sitten und Gebräuche bleiben aber auf immerdar bestehen

Das gemeinsame Tagebuch des jungen Ehepaares Sophia und Nathaniel Hawthorne aus den ersten beiden Ehejahren in Concord, Massachusetts, ist das helle und heitere Dokument eines glücklich geteilten Lebens. Mit einer Vorbemerkung von Peter Handke.
Im Sommer 1842, wenige Wochen nach ihrer Hochzeit und dem Entschluss, im alten Pfarrhaus in Concord ein gemeinsames Leben anzufangen, beginnen Nathaniel Hawthorne und seine Frau Sophia ein gemeinsames Tagebuch. Warum und für wen, wir wissen es nicht. Um ihr Glück, einander gefunden zu haben, festzuhalten? Aus Angst, es könnte sich wieder verflüchtigen? Um einander das Glück ihres jungen Ehelebens, zu bestätigen? Aus Angst davor, der andere könnte anders empfinden? Um es zu bewahren, zu betrachten, um es zu spiegeln: ein doppeltes Paradies? Oder um das Paradies zu beschwören, es mittels Sprache überhaupt erst zu schaffen? Die erste Zeit ihrer Ehe, die das Tagebuch begleitet, war nicht ganz unbeschwert. Geldsorgen, eine Fehlgeburt, die Einsamkeit des abgeschiedenen Lebens auf dem Lande: auch das findet sich hier in Andeutungen, auch wenn Sophia Hawthorne einen Teil des Tagebuchs nach dem Tod ihres Mannes Nathaniel zerstört hat. Und trotzdem, in seinen schönsten Momenten zeigt es mit zauberischer Leichtigkeit, voll Heiterkeit und Gelassenheit, wo das Paradies verborgen sein könnte: in den kleinen Dingen des Alltags.

Sophia & Nathaniel Hawthorne: Das Paradies der kleinen Dinge. Ein gmeinsames Tagebuch.
Jung und Jung, 184 S., € 19,90
ISBN-13: 978-3-9902-7047-9

 

Der Komponist Telemann. Der Psychologe C.G. Jung. Bundeskanzlerin Angela Merkel. Was haben sie gemeinsam? Sie alle wuchsen in einem evangelischen Pfarrhaus auf. Kirchenhistoriker Klaus Fitschen erzählt unterhaltsam die Geschichte des Pfarrhauses und seiner mitunter berühmten Kinder. Oft verdanken diese entscheidende Prägungen dem christlichen Elternhaus, manchmal lehnen sie sich bewusst gegen fromme Heuchelei auf. Fitschen illustriert die wechselvolle Geschichte der Pfarrfamilie und die von ihr ausgehende Wirkung, auch für Wissenschaft, Kunst und Kultur. Ein facetten- und farbenreiches Stück abendländischer Kultur.

Klaus Fitschen: Pastors Kinder: Wie Pfarrhäuser die Gesellschaft prägen
Scm Hänssler, 208 S., € 29,95
ISBN-13: 978-3-7751-5464-2

 

Die Fähigkeit zu trauern ist eine menschliche Grundkonstante. Doch die Art zu Trauern unterliegt kulturellen Einflüssen und hat sich im Laufe der Zeit immer wieder gewandelt. In jeder Kultur gibt es spezielle Rituale und jede Epoche bringt neue Formen der Trauerkultur hervor. Reiner Sörries skizziert eine einzigartige Geschichte der Trauer, quer durch Zeiten und Kulturen.Es scheint, als habe die Trauer nach jahrzehntelanger Tabuisierung wieder Konjunktur. Davon zeugen nicht zuletzt Trauerportale, Trauerratgeber und Trauerhilfen. Stellt Trauer heute ein Problem dar, mit dem die Menschen allein oder in ihrer sozialen Umgebung nicht mehr zurechtkommen? Brauchen Trauernde professionellen Beistand, oder ist Trauer in unserer Zeit nur ein neuer Markt für innovative Produkte und Leistungen? Kulturgeschichtlich ist sie ein sehr normaler Prozess, der von vorgegebenen Verhaltensweisen und Ritualen stark bestimmt war. Heute dagegen trauert scheinbar jeder, wie er will.
Reiner Sörries geht in diesem Buch dem Phänomen der Trauer in seiner kulturgeschichtlichen Bedeutung ebenso nach wie ihren modernen Ausprägungen.

Reiner Sörries: Herzliches Beileid: Eine Kulturgeschichte der Trauer
Primus Verlag, Darmstadt 254 S., € 24,90 
ISBN-13: 978-3-89-678860-3

 

Bekanntlich heißt es: Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Doch den Überblick über die Feierlichkeiten eines Kirchenjahres zu behalten, ist für viele oftmals schwierig. Und selbst wenn man zwei, drei Tage zuvor erfahren hat, wann Ostern dieses Mal stattfindet, so weiß ein Franke im vorwiegend evangelischen Sachsen nicht unbedingt, welches Verhalten bei welchen Bräuchen an Ort und Stelle angebracht ist. In solchen Momenten sind Bücher wie die folgenden ein wertvoller Wegbegleiter, auf den man zu jeder Zeit zählen kann.

Anstand, Manieren und Höflichkeit haben gerade wieder Konjunktur. Aber mit dem Anstand ist das so ein Problem: Er lässt sich einfach nicht absolut begründen. Anders als Recht und Moral bleibt er wandelbar, ähnlich wie die Mode gibt er dem Zusammenleben immer wieder neu eine Form. Karl-Heinz Göttert erzählt in der ersten Geschichte des Anstands - von der Antike bis heute - auf unterhaltsame und lehrreiche Weise von diesem wandelbaren Miteinander und plädiert für formbewusste Toleranz. 

Karl-Heinz Göttert: Zeiten und Sitten. Eine Geschichte des Anstands 
Reclam Verlag, Stuttgart 
286 S., € 19,90 
ISBN: 978-3-15-010703-4

 

Warum bemalen wir zu Ostern Eier und verstecken sie? Woher stammt der Gartenzwerg? Warum müssen alle Kerzen auf dem Geburtstagskuchen auf einmal ausgeblasen werden? Seit wann gibt es das Christkind? Warum ist 13 eine Unglückszahl? Und warum bringt der Schornsteinfeger Glück? Was ist die Schlamperwoche, was ein Gähnmaul, was das Neujährchen? All diese und noch viel mehr Fragen beantwortet das Lexikon der Bräuche und Feste. 

Manfred Becker-Huberti: Lexikon der Bräuche und Feste - 3000 Stichwörter mit Infos, Tipps und Hintergründen für das ganze Jahr 
Herder Verlag, Freiburg 
480 S., € 14,90 
ISBN: 978-3-451-28533-2

 

Seit Jahrhunderten leben Mönche und Nonnen in ihren Klöstern nach der Regel des heiligen Benedikt - ein Text, der in seiner inspirierenden Kraft erstaunlich aktuell geblieben ist. Das Buch erschließt die Weisheit der Mönchsregel für „ganz normale" Menschen der Gegenwart. Die Regel Benedikts bietet Impulse für den Umgang mit sich selbst und den eigenen Fähigkeiten, für das Zusammenleben mit anderen, für die Balance von Arbeits- und Ruhezeiten, für Leitungs- und Managementaufgaben 

Petra Altmann Odilo Lechner: Leben nach Maß. Die Regel des heiligen Benedikt für Menschen von heute 
223 S., € 19,95 
ISBN: 978-3-451-32186-3

 

Warum fällt es gerade uns Deutschen so schwer, ein leichtfüßiges Gespräch zu führen? Und was ist das überhaupt: eine gute Unterhaltung? Tilman Spengler widmet sich dieser Frage mit Witz, scharfem Blick und vielen Beispielen aus Literatur, Geschichte und Politik. Ein Buch, das geistreich und anschaulich erklärt, was die Kunst der Konversation ausmacht. 

Tilman Spengler: Sind Sie öfter hier? Von der Kunst, ein kluges Gespräch zu führen 
Ullstein Verlag, Berlin 
176 S., € 18,00 
ISBN: 978-3-550-08768-4

 

Wasser predigen und Wein trinken, das scheint das Grundprinzip zu sein, nach dem unsere Gesellschaft in allzu vielen Bereichen funktioniert. Das hat fatale Folgen: Einmal in Schieflage geraten, kommt das Land immer mehr aus dem Gleichgewicht. Die Gerechtigkeit bleibt auf der Strecke. Mit bestechender Klarheit schildert Paul Kirchhof, warum Staat, Wirtschaft und Politik die Orientierung verloren haben, und er fordert: Stellt das verlorene Gleichgewicht wieder her! Jeder einzelne Bürger, jedes Unternehmen, jede Gruppierung handelt scheinbar vernünftig, doch im Ergebnis entsteht ein großer Missklang: Unter dem Einfluss organisierter Interessen produziert das Parlament Jahr für Jahr so viele Gesetze, dass niemand sie mehr verantworten oder befolgen kann; die Wirtschaft löst sich aus der Bindung an allgemeine Werte; das Recht verliert seine Autorität. Von hier aus ist es nur ein kleiner Schritt zum Steuerbetrug via Liechtenstein – Unrechtsbewusstsein Fehlanzeige. Zwar haben sich Misstöne eingeschlichen, aber noch ist die Grundmelodie erkennbar: Paul Kirchhof setzt darauf, dass wir die Gerechtigkeit wieder zum Klingen bringen können. Sein Buch ist ein leidenschaftlicher Weckruf gegen Mutlosigkeit und Resignation. 

Paul Kirchhof: Das Maß der Gerechtigkeit. Bringt unser Land wieder ins Gleichgewicht! 
Droemer Verlag, München 
431 S., € 19,95 
ISBN: 978-3-426-27479-8

 
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