Buch des Monats - Mai 2010

(Wahre) Liebe ist ...

Lange hat man warten müssen, bis der deutsche Bestsellerautor David Safier seine Leser auf eine neue aberwitzige (Lese-)Reise mitnimmt. Nachdem sich Marie in "Jesus liebt mich" in Gottes Sohn verguckt hat, ergeht es Rosa, der Protagonistin in Safiers neuem Roman "Plötzlich Shakespeare", nicht sehr viel besser. Sie entwickelt Gefühle für den englischen Dramatiker par excellence William Shakespeare und verlebt als Zeitreisende im Jahre 1594 Tage der Aufregung und des Hochgefühls, die an Skurrilität kaum noch zu überbieten sind. Aber erst einmal von Anfang an.

Rosa, das Frauenklischee schlechthin

Das Leben von Grundschullehrerin Rosa ist alles andere als glücklich. Ihr Ex-Freund Jan will eine andere heiraten und Rosa kann und will sich nicht mit dem Gedanken abfinden, ihre große Liebe für immer verloren zu haben. Also muss ein Rettungsplan her: Zuerst betrinkt Rosa sich und anschließend spaziert sie in Jans Zahnarztpraxis, um ihren Liebsten zurückzuerobern. Dumm nur, dass statt Jan Olivia ins Behandlungszimmer reinkommt und sogleich die Chance ergreift, Rache zu nehmen an der einstigen Rivalin. Ein schlechter Tag, der eigentlich nur noch dadurch getoppt wird, indem sich Rosa auf ein Date mit ihrem Kollegen Axel einlässt. Vielleicht hilft ihr ein One-Night-Stand darüber hinweg, dass der Weg in Jans Arme ihr für immer verwehrt bleibt. Aber dann kommt alles ganz anders als gedacht.

Bei einer Zirkusdarbietung erlebt Rosa, was der mystische Magier Prospero alles auf dem Kasten hat. Angeblich beherrscht er die Kunst der Rückführung, die er bei den Shinyen-Mönchen in Tibet erlernt hat. Damit kann er die Seele eines Menschen auf eine Reise in sein früheres Ich schicken. Eine Vorstellung, die für Rosa schier unmöglich erscheint und sie trotzdem fasziniert. So dauert es nicht lange, bis Rosa sich Prospero persönlich gegenüberstehen sieht. Und damit beginnt für die frustrierte Lehrerin eine skurrile Zeitreise, die im London des 16. Jahrhunderts ihr jähes Ende findet - im Körper von Romantiker und Frauenheld William Shakespeare. Rosa gelangt erst in ihre Zeit und in ihr altes Leben zurück, wenn sie herausgefunden hat, was die wahre Liebe ist. Doch in der Zwischenzeit muss sie sich ungeahnten Situationen stellen, die beim Leser Lachtränen kullern lassen und Unterhaltung pur garantieren.

William Shakespeare is not amused

Gefangen im Körper von William Shakespeare wird Rosa von Elisabeth I., der Queen höchstpersönlich, auf eine besondere Mission geschickt. Sie soll für den Earl of Essex das Herz von Gräfin Maria erobern. Seine unglückliche Liebe zur Gräfin hindert den Befehlshaber der königlichen Armee am Kampf gegen die Spanier, die bei einem Sieg England für sich beanspruchen und die Queen vom Thron stürzen würden. Ein schwieriges Unterfangen, das Rosa an ihre Grenzen bringt. Nicht nur, dass Rosa dichterisch gesehen nicht die Begabteste ist. Nein, auch die frappierende Ähnlichkeit des Earls mit Jan, ihrem Ex, behindert Rosa in ihrer eigentlichen Mission Essex und die Gräfin zusammenzubringen. Doch eine andere Wahl scheint Rosa kaum zu haben, denn sollte sie nicht erfolgreich sein, rollt Shakespeares Kopf - und damit zugleich ihrer.

Kaum hat sich Rosa damit abgefunden, vorerst im 16. Jahrhundert festzusitzen, meldet sich Shakespeare persönlich zu Wort. Obwohl Rosa über Shakespeares Körper gebietet, so kann sie seinen Geist nicht verbannen. Und so lässt sich der Dramatiker nicht den Mund verbieten und gibt zu allem seinen Senf hinzu. Dabei bringt er Rosa in so manche brenzlige Situation, denn bevor sie von Prospero in die Zeit zurückgeschickt wurde, war Shakespeare den Damen nicht abgetan. Mit der Ehefrau von Sir Francis Drake, dem berühmten Freibeuter und Vizeadmiral seiner Majestät, vergnügte sich der Dichter noch kurz zuvor im Bett. Und nun muss Rosa auch von dieser Seite Gefahr befürchten. Schließlich hat Drake das Liebespaar in flagranti erwischt. Und als wäre dies noch nicht genug, so schlittert Rosa von einer Peinlichkeit in die nächste: Die Queen erwischt sie auf dem Donnerbalken, der Toilette, Hunde wollen sie zerfleischen und Gräfin Maria entwickelt für Shakespeare Gefühle, die sie und ihn auf das Schafott bringen könnten. Da wird es höchste Zeit, dass Rosa endlich erkennt, was wahre Liebe wirklich ist und in ihre Zeit zurückkehrt.

Ein Roman in bester Safier-Manier

Mit seinem neuesten Roman "Plötzlich Shakespeare" hat sich David Safier ein kleines literarisches Denkmal gesetzt. Wer schon "Jesus liebt mich" und "Mieses Karma" gelesen hat, wird nun zugeben müssen, dass das vorliegende Buch beide Romane übertrumpft. Die Story ist noch witziger, kunterbunter und amüsanter als die Vorgänger, die auf dem deutschen Buchmarkt schon für Abwechslung sorgten. Safier vereint zum wiederholten Male Comedy mit hohem Unterhaltungsfaktor, Gefühl mit Witz und kreiert damit ein neues Genre. Ähnlich wie Tommy Jauds Bestseller "Hummeldumm" legt Safier hier nun den besten Beweis vor, dass sich Situationskomik in der deutschen Literatur immer größerer Beliebtheit erfreut und stets ein Garant für gute Unterhaltung ist. Zu Recht macht sich "Plötzlich Shakespeare" in den deutschen Bestsellerlisten auf den oberen Rängen breit.

Man fühlt sich beim Lesen wie in einer aberwitzigen Sitcom gefangen, die mit brüllend komischen Situationen, einem locker-leichten Plauderton und herzallerliebsten Figuren aufwartet. Man muss sich nur die Szene vor Augen führen, als Rosa im Körper von William Shakespeare vor Elisabeth I. steht und sich um Kopf und Kragen redet, als sie das Alter der Queen falsch schätzt - auf 54 statt auf tatsächliche 51 Jahre, obwohl man über das Alter einer Frau sowieso nie spricht. Und dies ist erst der Anfang, den Safier versteht es, auf 320 Seiten ein wahres Gag-Feuerwerk abzufackeln und dem Leser dabei Lachsalven zu entlocken. Da kann man nur hoffen, dass eine Verfilmung nicht zu lange dauert. Mit solch einer Vorlage wird die nächste deutsche Sommerkomödie zum Kassenschlager und Dauerbrenner. Und wer es mit historischen Wahrheiten nicht zu genau nimmt, erfährt hier noch so manche Unglaublichkeit. Es bleibt eigentlich nur noch zu sagen: Beide Daumen hoch und flugs gekauft!

Susann Fleischer
03.05.2010

 
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Das Buch:

David Safier: Plötzlich Shakespeare

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Reinbek: Kindler Verlag 2010
320 S., € 17,95
ISBN: 978-3-463-40553-7

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