Buch des Monats - Januar 2009

Inspector Lynley ermittelt wieder

Thomas Lynley ist auf der Flucht vor der Vergangenheit. Nach dem schmerzhaften Verlust seiner schwangeren Ehefrau, die in dem 2005 erschienen Vorgängerroman "Wo kein Zeuge ist" scheinbar ohne ersichtlichen Grund auf offener Straße von einem Jugendlichen erschossen wurde, quittiert der blaublütige Inspector seinen Dienst bei New Scotland Yard und begibt sich auf eine ziellose Wanderung durch den Cornwall. Am 43. Tag seiner Wanderschaft entdeckt er am Fuß einer Klippe schließlich die Leiche des 18-jährigen Kletterers Santo Kerne und befindet sich gegen seinen Willen plötzlich mitten in polizeilichen Ermittlungsarbeiten. Denn schnell stellt sich heraus, dass der tote Junge keineswegs Opfer eines tragischen Unfalls geworden ist. Die Manipulationen an seiner Ausrüstung deuten eindeutig auf Mord hin.

Doch die Suche nach dem Täter gestaltet sich äußerst schwierig. Elizabeth George gibt in gewohnter Art und Weise eine Vielzahl von Wegen vor, denen Detective Inspector Bea Hannaford von der örtlichen Polizei ohne ein brauchbares Team in diverse Sackgassen folgt. Erst das Gespür Lynleys, der auf der Suche nach der Identität der undurchsichtigen Veterinärin Daidre Traihir tief in der Vergangenheit gräbt, und die unkonventionellen Methoden seiner altbewährten verschrobenen Partnerin Seargant Barbara Havers bringen Licht in die verworrenen Verhältnisse, welche die Autorin durch geschickte Perspektivenwechsel und Rückblenden zu einem schier undurchdringlichen Dickicht anwachsen lässt. Immer wieder springt sie zwischen den Geschichten einzelner Personen und ganzer Familien hin und her, die alle irgendwie miteinander in Zusammenhang stehen. Und immer tritt dabei ein Thema in den Vordergrund: Das richtige Verhalten von Eltern und der älteren Generation gegenüber ihren Kindern und den Jungen im Allgemeinen. Ganz besonders deutlich wird dies in der Schilderung der Familienverhältnisse des Mordopfers, dessen Mutter Dellen den Romantitel als Nymphomanin mit der Signalfarbe Rot mehr als jede andere Figur verkörpert. Sein Vater Ben ist trotz besseren Wissens nicht fähig, sie zu verlassen.

Die Frage nach der Schuld an Santos Tod zieht jedoch wesentlich weitere Kreise. Georges vierzehnter Lynley-Roman wird wie seine Vorgänger getragen vom Blick für das Detail. Die Landschafts- und Umgebungsbeschreibungen der amerikanischen Schriftstellerin lassen ein mehr als anschauliches Bild des südwestlichen Englands und seiner Bewohner entstehen. In meisterhafter Manier gewährt sie Einblicke in die Feinheiten des Seelenlebens ihrer Romanfiguren und beleuchtet die Hintergründe für das begangene Verbrechen, die in der Vergangenheit wurzeln. Echte Spannung kommt in "Doch die Sünde ist scharlachrot" zwar nicht wirklich auf, Freunde von Elizabeth George, Inspector Lynley und der Tradition der englischen Kriminalerzählung kommen in den dreißig Kapiteln dieses Romans jedoch trotzdem voll auf ihre Kosten.

Christian Götz
05.01.2009

Lesen Sie auch die Rezension zu: Elizabeth George, "Wo kein Zeuge ist"

 
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Das Buch:

Elizabeth George: Doch die Sünde ist scharlachrot. Ein Inspector-Lynley-Roman

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München: Blanvalet Verlag 2008
768 S., € 24,95
ISBN: 978-3-7645-0242-3

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