Wissenschaften

Von Pergament bis PDF - Geballtes Wissen über die Buch- und Verlagsbranche

Dass es sich bei dem vorliegenden Werk rund um das Thema Buchverlag nicht um ein x-beliebiges handelt, dürfte jedem Leser bereits nach der Lektüre der ersten Seiten deutlich werden. Vielmehr gilt "Der Buchverlag. Geschichte, Aufbau, Wirschaftsprinzipien, Kalkulation und Marketing" seit seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1991 als Standardwerk und liegt nun in der dritten, überarbeiteten und erweiterten Auflage vor. Das nächste, was ins Auge fällt, ist die thematische Bandbreite des Buchs, dessen Hauptteil in insgesamt sieben Teile gegliedert ist.

Die im Vorwort enthaltene Anmerkung, dass wir es hier mit einem Werk zu tun haben, das "wie ein Lesebuch beginnt, dann zum Sachbuch wird und am Ende beinahe ein Lehrbuch ist", könnte den Kern von "Der Buchverlag" besser nicht treffen. Die Lebendigkeit und Detailverliebtheit, mit der das umfangreiche erste Kapitel die Geschichte des Verlagswesens - von den Handschriftenverlegern im alten Griechenland bis ins Zeitalter von "Books on Demand" - und die Geschichte des Buchs - vom griechischen Diptychon bis zum E-Book - schildert, ist durchaus beeindruckend und wird jedem Leser bereits nach wenigen Sätzen gewahr werden.

Ebenso trumpfen Eduard Schönstedt, Professor für Verlagswirtschaft, und Thomas Breyer-Mayländer, Professor für Medienmanagement, durch ihr Bestreben auf, mit heute weit verbreiteten Irrtümern rund um das Verlagswesen aufzuräumen. Die Tatsachen, dass die Begriffe Buch, Verlag und Druck ursprünglich keineswegs in einem Atemzug genannt wurden und dass Johannes Gutenberg keineswegs Satz und Typendruck erfand, sondern besagte Verfahren vielmehr effizienter und ökonomisch rentabler machte, werden mit Sicherheit manchen Leser überraschen. Auch in den nachfolgenden Kapiteln bleibt offensichtlich, dass eins der Ziele von "Der Buchverlag" darin besteht, mit gängigen Vorurteilen aufzuräumen, die im heutigen Buch- und Verlagsmarkt mehr als realitätsfern sind. Die oft gehegte Vorstellung, dass der Aufgabenbereich des Lektorats einzig und allein aus Arbeit am Text besteht, ist beispielsweise in der heutigen Branchenlandschaft alles andere als zeitgemäß und wird von Schönstedt und Breyer-Mayländer mit der Realität konfrontiert.

Dass "Der Buchverlag" ab dem zweiten Kapitel, in dem verschiedene moderne Verlagsformen beschrieben werden, zunehmend an "Lehrbuchcharakter" gewinnt, scheint offensichtlich. Doch bleibt die Vermittlung des gebündelten, vielschichtigen Wissens stets klar strukturiert und anschaulich und wird vielerorts zu illustrativen Zwecken mit zahlreichen Schaubildern und Diagrammen unterstützt. Spätestens ab dem vierten Kapitel setzt "Der Buchverlag" allerdings Offenheit gegenüber BWL-Terminologien und -konzepten voraus. Was ist Controlling und wann ist ein Buchprojekt realisierbar? Wie sieht eine Deckungsbeitragsrechnung aus? Was ist das AIDA-Prinzip und was unterscheidet "Push"- und "Pull"-Marketing? Wer sich hiervon nicht beirren lässt, für den findet sich schnell die Antwort auf all diese Fragen. Wer nun meinen mag, die Kreativität käme bei alldem zu kurz, wird mit Sicherheit die im sechsten Kapitel beschriebenen Anregungen für die Vorgehensweise bei der Entwicklung neuer (Buch-)Produkte und Marketingideen begrüßen, die das vorliegende Buch effektvoll abrunden.

Der abschließende, im Vergleich zu den vorangegangenen Kapiteln etwas kürzere Abschnitt über die Nutzung des Internets als Online-Marketing-Instrument wurde erst in dieser aktuellen Ausgabe hinzugefügt, erweist sich jedoch als durchaus detailliert und gehaltvoll und mit zahlreichen anschaulichen Beispielen versehen. Schade nur, dass die im modernen Web immer relevantere Thematik des viralen Marketings hier nur vergleichsweise kurz angesprochen wird und auch die populären "Web 2.0"-Communities und sozialen Netzwerke, die zweifellos höchst effektive Marketingplattformen darstellen, nur am Rande erwähnt werden. Doch dies ist fraglos nur ein verschwindend kleines Manko in einem vor Wissen geradezu strotzendem Werk und ändert nichts an folgendem unausweichlichen Fazit: Wer sein Wissen über die Verlagsbranche verbessern will, kann von "Der Buchverlag. Geschichte, Aufbau, Wirschaftsprinzipien, Kalkulation und Marketing" nur profitieren. Ein Buch, das die Bezeichnung Standardwerk voll und ganz verdient.

Johannes Schaack
12.07.2010

 
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Das Buch:

Eduard Schönstedt, Thomas Breyet-Mayländer: Der Buchverlag. Geschichte, Aufbau, Wirtschaftsprinzipien, Kalkulation und Marketing

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Stuttgart: J. B. Metzler Verlag 2010, 3. überarbeitete und erweiterte Aufl.
381 S., € 29,95
ISBN: 978-3-476-02258-5

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