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Sebastian B. und die Wiederentdeckung der Liebe

In der schwedischen Gemeinde Torsby im Grenzgebiet zu Norwegen macht die örtliche Polizei eine schreckliche Entdeckung. Eine ganze Familie bestehend aus Vater und Mutter sowie den beiden Söhnen wurde kaltblütig ermordet. Die Carlstens galten als unbescholtene Bürger, so dass kein plausibles Mordmotiv auf der Hand liegt und die Lösung des Falles, nachdem ein erster Verdächtiger schnell aussortiert werden konnte, in weiter Ferne scheint. In derartigen Fällen wird in Schweden die Reichsmordkommission hinzugezogen, eine Truppe der besten und fähigsten Kriminologen, die schon so manch hoffnungslos erscheinendes Unterfangen einem guten Ende und vor allem einer Lösung zuführen konnten.

Das Team der Reichsmordkommission unter der Leitung von Torkel Höglund ist die Truppe, die das schwedische Autorenduo Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt in ihren mittlerweile vierten Fall schickt. "Das Mädchen, das verstummte" lautet der Titel des neuesten Krimis aus der Feder der beiden Schriftsteller, der sich anschickt, die Erfolgsstory nach "Der Mann, der kein Mörder war", "Die Frauen, die er kannte" und "Die Toten, die keiner vermisst" weiterzuführen. Das Erfolgsgeheimnis der Autoren fußt auf zwei Säulen; zum einen warten sie stets mit einem durchdachten und sehr gut konstruierten Kriminalfall auf, zum anderen haben sie aber vor allem ein Team an Charakteren geschaffen, die einem ans Herz gewachsen sind und deren individueller Entwicklung die Autoren mindestens genau soviel Gewicht beimessen wie den jeweiligen Fällen.

Am Ende des dritten Falls war Ursula, die Kriminaltechnikerin, schwer verletzt worden, so dass der geneigte Leser kaum die Geduld aufbringen konnte bis zum Erscheinen des vorliegenden vierten Falls, in dem er endlich Gewissheit über die Schwere der Verletzung sowie den Fortbestand von Ursula in der Serie erlangt. Mit Sebastian Bergman ist allerdings ein Polizeipsychologe, der lediglich als Unterstützer der Reichsmordkommission fungiert, der eigentliche Hauptprotagonist in dem Ensemble höchst individueller Charaktere. In "Das Mädchen, das verstummte" scheint Bergman, der notorische Frauenheld und ewige Schürzenjäger, sein bisheriges Verhaltensmuster abzulegen und die Liebe wiederzuentdecken. Oder projiziert er auf Maria und deren Tochter Nicole nur seine Sehnsüchte nach Lilly und Sabine, seinen beiden Liebsten, die er vor zehn Jahren beim Tsunami vor Thailand für immer verlor?

Der einzige Anhaltspunkt der Reichsmordkommission ist ein Mädchen, die Cousine der beiden ermordeten Jungen, die sich scheinbar zur Tatzeit im Haus der Carlstens aufgehalten hat. Doch auch deren Auffinden bringt die Reichsmordkommission schließlich kein Stück weiter, denn die zehnjährige Nicole ist ob der verstörenden Tat verstummt. Somit richtet sich die Aufmerksamkeit auf Sebastian Bergman, der als feinfühliger Psychologe zu dem Mädchen vordringen und ihr die Antworten entlocken soll, mit denen der oder die Täter überführt werden können. Zugleich führt eine weitere Spur hin zu einer Mine, deren Bau in Torsby geplant war, jedoch an den Carlstens scheiterte, die ihr Haus trotz des lukrativen Angebots einer Bergbaugesellschaft nicht verkaufen wollten und damit den Unmut zahlreicher Menschen auf sich zogen.

Die vorliegende Hörbuchfassung von "Das Mädchen, das verstummte" wurde wie schon die drei Vorgänger in guter und erfolgreicher Tradition vom Freiburger Audiobuch Verlag herausgebracht und von Douglas Welbat eingelesen. Der erfahrene Synchron- und Hörbuchsprecher schafft es, mit seiner unverwechselbaren Stimme eine wunderbare schwedische Krimiatmosphäre zu kreieren, in der sich die Story hervorragend zu entfalten versteht. Darüber hinaus haben die Produzenten dieser auf sechs CDs gekürzten Hörbuchfassung einen hervorragenden Job geleistet, indem sie die Kürzungen mit Sinn und Verstand vornahmen, so dass der Hörer diese ohne den expliziten Hinweis auf die Auslassungen sicherlich nicht bemerken würde.

"Das Mädchen, das verstummte" ist ein erneuter Volltreffer aus der Werkstatt von Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt. Die Serie um die Reichsmordkommission und ihren angegliederten Psychologen Sebastian Bergman arbeitet sich peu à peu in Richtung Pole Position der schwedischen Kriminalromane vor. Der ausgewogene Mix aus cleveren Kriminalfällen und einem glaubwürdigen, aber doch sehr besonderen Team von Ermittlern hält Leser und Hörer mit maximaler Anspannung bei der Stange. So nehmen auch im vorliegenden Roman bereits wieder die Entwicklungen um einen der Protagonisten ihren Lauf, die das Warten auf den fünften Fall schier unerträglich machen.

Christoph Mahnel
05.01.2015

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