Hörbücher

Verwirrspiel mit dem Hörer

Flora Conway, erfolgreiche Schriftstellerin und Kafka-Preisträgerin, spielt mit ihrer dreijährigen Tochter Carrie in ihrem New Yorker Appartement Verstecken, als diese plötzlich spurlos verschwindet. Flora kann sich das Verschwinden der Tochter nicht erklären, zumal die Wohnungstür abgeschlossen ist und die Tochter auf keinem Weg die Wohnung verlassen haben kann. Das Verschwinden der Tochter und die ungeklärten Umstände lassen die Schriftstellerin in ein tiefes Loch fallen. Sie schreibt nicht mehr und will nur noch eines: ihre Tochter wiedersehen. Nach Monaten des Trauerns und Verzweifelns wird ihr eines immer deutlicher: Ihr Leben ist fremdbestimmt. Sie lebt in der Geschichte eines anderen. Und diesen anderen fordert sie heraus, indem sie sich auf das Dach eines Hochhauses stellt und bereit ist zu springen.

Auf der anderen Seite des Atlantiks sitzt der Pariser Schriftsteller Romain Ozorski vor seinem Bildschirm und muss miterleben, dass seine Hauptfigur Flora dabei ist, sich von einem Hochhaus zu stürzen. Er kann ihre Verzweiflung nur zu gut verstehen, denn auch er muss fürchten, seinen Sohn Théo zu verlieren. Seine Frau möchte nach der Trennung in die USA ziehen und den gemeinsamen Sohn mitnehmen. Wird es Romain gelingen, sowohl Flora zu retten als auch seinen eigenen Sohn zu behalten?

Guillaume Mussos diesjährige Romanveröffentlichung heißt im französischen Original "La vie est un roman" ("Das Leben ist ein Roman"), was den Roman ein wenig besser und genauer beschreibt als die deutsche Übersetzung "Eine Geschichte, die uns verbindet". Musso thematisiert nämlich wieder einmal die Schwierigkeiten, die Schriftsteller beim Schreiben von Romanen haben, bzw. den schmalen Grat zwischen Realität und Fiktion und die verschwimmenden Grenzen der beiden, die ein Schreibender in seinem Berufsleben oft erfährt. Das Ergebnis von Mussos Einsicht in das Leben eines Schriftstellers sind für den Leser bzw. Hörer wenig unterhaltsam und erzeugen ein permanentes Kopfschütteln und Neujustieren ob der vielen Wendungen und der wenig glaubhaften Schwanken zwischen Realität und Fiktion.

Als Fan von Musso ist man unweigerlich auch Fan seiner wendungsreichen Geschichten mit unerwarteten Momenten. Doch mit "Eine Geschichte, die uns verbindet" treibt er es auf die Spitze, so dass man sich selbst als Fan wünscht, dass der nächste Roman anders wird. Auch die Darstellung des Schriftsteller-Daseins hat er nun bereits zweimal hintereinander in das Zentrum seiner Romane gestellt, so dass man sich für seinen kommenden Roman - wenn es in gewohnter Taktung weitergeht, sicher im nächsten Frühsommer - wünscht, dass Musso sich mal wieder auf andere Themen einlässt.

Gewohnt hohe Qualität liefert jedoch Schauspieler und Sprecher Richard Barenberg mit seiner Interpretation der Musso-Werke. Unterstützt wird er diesmal bei der ungekürzten Lesung von Heike Warmuth, die diejenigen Parts liest, die aus Floras Sicht geschrieben sind. Der Einsatz von zwei verschiedenen Sprechern erleichtert dem Hörer das Springen zwischen den Geschichten bzw. zwischen "Realität" und "Fiktion".

Sabine Mahnel 
16.08.2021

 
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Das Buch:

Guillaume Musso: Eine Geschichte, die uns verbindet. Aus dem Französischen von Eliane Hagedorn und Bettina Runge, Kollektiv Druck-Reif

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Sprecher: Richard Barenberg, Heike Warmuth Hamburg: Osterwold audio 2021 Spielzeit: 344 Min., € 18,00 ISBN: 978-3-86952-505-1

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