Romane

Linguistikdozentin trifft russischen Ex-Jockey mit Grammatik-Phobie - herrlich , einfach nur herrlich schräg

Ein Zoo voll Wortarten, eine Theaterbühne für Satzglieder, Pronomen mit Rhythmus - Salli Sturm ist Linguistin aus Leidenschaft. Ausländern richtiges Deutsch beizubringen, ist für sie eine Berufung. Einen anderen Job kann und will sich Salli nicht vorstellen. Doch dann lernt sie Sergey Dyck, früher Jockey in Russland, jetzt Stallbursche in Oberbayern, kennen und gerät schnell an ihre Grenzen. Die Deutschfähigkeiten dieses Mannes lassen stark zu wünschen übrig. Artikel kennt er keine. Seine Verben taumeln durch ein selbst ausgedachtes Konjugationssystem. Und die Syntax liegt darnieder. Viel Arbeit wartet auf Salli. Kopfüber stürzt sich die Dozentin in ihre neue Aufgabe - und landet schon bald mitten in einem deutsch-russischen "Culture Clash".

Der Sprachunterricht mit Sergey erweist sich als ziemliche Herausforderung und schon bald sogar als Nebensache. Sergey braucht Sallis Hilfe, um ein Rennpferd kaufen zu können. Anfangs widerwillig, aber dann umso wilder setzt sich Salli tatsächlich für Sergey ein. Noch ehe sie es sich versieht, hält so etwas wie Romantik Einzug in Sallis Leben. Und das, obwohl sie bereits vor einer halben Ewigkeit mit der Liebe (und den damit einhergehenden Trieben) abgeschlossen hat. Die Gefühlsachterbahn nimmt so richtig Fahrt auf, während die beiden immer mehr und mehr Zeit miteinander verbringen. Dabei sind Salli und Sergey so verschieden wie Himmel und Erde, wie Tag und Nacht, wie Feuer und Wasser. Aber gemeinsam sind sie das perfekte Team, oder?!

Amüsanteste Unterhaltung voller Tiefgang und schönstem Leseglück - "Die Grammatik der Rennpferde" gehört zu den großen Literaturhighlights dieses Jahres. Solch ein Juwel darf man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen. Bei der Lektüre von Angelika Jodls Romanen ist turbulenter Lesespaß vom ersten bis zum letzten Satz absolut garantiert. Die deutsche Autorin erzählt ihre Geschichte mit jeder Menge Humor und noch mehr Herz. Ab der ersten Seite überschlägt man sich beinahe vor lauter Lesebegeisterung. Nach nur wenigen Seiten hat man herrlich gute Laune und außerdem erste Tränchen in den Augen. Denn Jodl lässt es an Emotionen ebenso wenig fehlen wie an genialem Wortwitz. Von beidem findet man hier zwischen zwei Buchdeckeln ganz, ganz viel.

Ein Lesevergnügen, wie man es mit den Büchern von Angelika Jodl in die Hand bekommt, ist von großer Seltenheit. "Die Grammatik der Rennpferde" macht einen so trunken wie mehrere Gläser Champagner auf ex getrunken. Es wird einem regelrecht schwindelig von so viel und so gutem Lesegenuss. Am Schluss hat man darüber hinaus mit einem ausgewachsenen Lachmuskeltiger zu kämpfen. Denn mehr Komik gibt es höchstens noch bei einer Gabriella Engelmann.

Susann Fleischer
27.06.2016

 
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Das Buch:

Angelika Jodl: Die Grammatik der Rennpferde

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München: dtv 2016
320 S., € 14,90
ISBN: 978-3-423-26105-0

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