Romane

Hannibal ante portas!

Der schreckhafte Ausruf der besorgten r?mischen B?rgerschaft, dass Hannibal nach der Alpen?berquerung mit seinen Kampfelefanten vor den Toren Roms stehe, ist gemeinhin die wohl markanteste Erinnerung eines jeden an den Geschichtsunterricht, was das Reich der Karthager betrifft. Im dritten Jahrhundert war die bedeutende und immer st?rker prosperierende Seemacht der Karthager den R?mern allerdings ein wenig zu m?chtig geworden, so dass sie ?ber einen Zeitraum von knapp zw?lf Jahrzehnten und mittels insgesamt dreier Kriege, den sogenannten Punischen, den Niedergang Karthagos einl?uteten. Ein bedeutender r?mischer Politiker namens Marcus Porcius Cato war seinerzeit nimmerm?de, alle seine Reden damit enden zu lassen, "dass er im ?brigen der Meinung sei, dass Karthago zerst?rt werden m?sse." Lateinsch?lern begegnet dieser Satz wohl heute noch alptraumhaft im Schlaf, da ihnen hieran zumeist die lateinischen Konstruktionen "Gerundivum" und "Accusativus cum Infinitivo" erl?utert wurden.

Doch vielmehr als dieses auf schwachen F??en stehende Grundger?st ist einem diesbez?glich nicht unbedingt pr?sent, obgleich Karthago ?ber mehrere Jahrhunderte eines der m?chtigsten Reiche in der vorchristlichen Zeit darstellte. Daher ist Gisbert Haefs h?chstes Lob auszusprechen, dass er mit seinen B?chern Karthago und damit eine Zeit zum Leben erweckt hat, die f?r viele Nicht-Historiker einem wei?en Blatt Papier gleichkommt. Gro?e Aufmerksamkeit erlangte Haefs vor geraumer Zeit durch seinen gro?en Karthago-Roman "Hannibal". In den vergangenen Jahren lie? er noch einige weitere in Karthago spielende Kriminalgeschichten folgen, denen auch sein neuestes Werk "Die M?rder von Karthago" zuzuordnen ist, in dem erneut Bomilkar, der "Herr der W?chter", einen schwierigen Fall zu l?sen hat.

Drei scheinbar zusammenhanglose Morde im Herzen Karthagos besch?ftigen Bomilkar, der als sogenannter "Herr der W?chter" quasi der Polizeichef der Multikulti-Metropole an der Stelle des heutigen Tunis ist. Im Zuge seiner Nachforschungen kristallisieren sich immer mehr Zusammenh?nge zwischen dem erstochenen Inder, dem ?berfahrenen Marktarbeiter und dem vom Dach gest?rzten Hausbesitzer heraus. Just als Bomilkars Ermittlungsarbeit in Fahrt kommt, wird er f?r eine Delegation nach Rom abberufen. Seine Zweifel an der Notwendigkeit seiner Rolle in dieser Gesandtschaft stellen sich alsbald als berechtigt heraus: Er wird in Rom ?berw?ltigt und entf?hrt; wenig sp?ter wird bekannt, dass er in Karthago seines Postens enthoben worden ist, als Verr?ter bezichtigt und somit als vogelfrei erkl?rt wird. Ihm d?mmert, dass seine erfolgreichen Ermittlungen nicht ganz schuldlos an dieser verfahrenen Situation sind. Gl?cklicherweise hat er in seinem r?mischen Freund Laetilius einen treuen und ?u?erst hilfreichen Begleiter.

Haefs kreiert in dem vorliegenden Buch ein ?u?erst lebendiges B?hnenbild von Karthago und dem bunten Treiben in dieser f?r seine Zeit riesigen Metropole. Karthago war einer der ersten Vielv?lkerstaaten, was sich alleine schon in Bomilkars W?chterschar verdeutlicht. Der Leser wird daher sehr genau und aufmerksam lesen m?ssen, da Haefs viele Charaktere mit befremdlich klingenden Namen einf?hrt, diese aber nur mit dem N?tigsten an Wesensz?gen ausstaffiert, so dass man hin und wieder leicht den ?berblick ?ber die handelnden Personen der Geschichte verlieren kann. Haefs legt seinen Schwerpunkt dagegen auf die Beschreibung des Lebens in Karthago, was ihm eindr?cklich gelingt. Auch verwendet er gro?e M?hen darauf, die Sprache, in der sich die Protagonisten unterhalten, analog der Gegebenheiten anno 227 v. Chr. anzupassen. Nach einer gewissen ?berwindung zu Beginn wird der Leser dies alsbald als sehr authentisch empfinden, was dem Buch eine weitere besondere und charakteristische Note verleiht.

Gisbert Haefs ist ein wahres Allround-Talent: Neben seinen popul?ren historischen Romanen spielt er dar?ber hinaus noch sehr erfolgreich auf weiteren literarischen Feldern, insbesondere im Bereich der Science-Fiction- und Kriminalromane. Letzteres macht sich in "Die M?rder von Karthago" deutlich bemerkbar. Haefs kreiert eine spannende, ?ber den Mittelmeerraum gespannte Kriminalgeschichte, die ein historisches Gewand angelegt bekommt, das den Leser gekonnt in die Zeit zwischen den beiden ersten Punischen Kriegen versetzt. Freunde historischer Romane kennen f?r solche Umsetzungen vorzugsweise "dicke Schinken", die oftmals viele hundert Seiten umfassen. Das vorliegende Werk ?berrascht daher mit seiner K?rze von gerade einmal etwas mehr als dreihundert Seiten und einem Gro?druck, so dass die Seitenzahl gut und gerne noch geringer h?tte gehalten werden k?nnen. Dennoch ist der Leser begeistert und konstatiert ein wenig traurig, dass Karthago letztlich doch zerst?rt worden ist.

Christoph Mahnel
15.11.2010

 
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Das Buch:

Gisbert Haefs: Die Mörder von Karthago

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München: Heyne Verlag 2010
320 S., € 19,99
ISBN 978-3-453-52528-3

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