Romane

Was in die Bestsellerlisten gehört

Benjamin, vor kurzem 36 Jahre alt geworden, lebt ein spektakul?res, aber unvollkommenes Leben: Zwar hat er in seiner Bank m?chtig Karriere gemacht und auch seine Eintrittskarte in die High Society scheint gerade erstellt zu werden, doch mangelt es seinem Dasein an dem ausgeglichenen Zustand, der seinem Besitzer Gl?ck und Zufriedenheit vermittelt. Seine Freundin Bianca betr?gt er seit geraumer Zeit mit einer Assistentin aus seiner Bank, an Wochenenden und Feiertagen muss er kurzerhand Sondereins?tze f?r seinen Arbeitgeber erf?llen. Und dann erreicht ihn ein Brief, der sein Leben komplett aus den Bahnen wirft und tausende Gedanken lostritt, an denen der Leser des vorliegenden Buches dankenswerterweise teilhaben darf.

Im Jahre 1989 hatte Benjamin in den Tagen des Mauerfalls an einem Sch?leraustausch mit einer irischen Partnerschule in Killarney teilgenommen. Noch unreif und pubertierend, das Hauptinteresse auf Fu?ball und seine Freunde gerichtet, haut ihn die Bekanntschaft mit Victoria von den Socken. Wie tausend Blitze durchzucken unbeschreibliche Gef?hle f?r dieses M?dchen seine bisher heile Welt, in der M?dchen bis dato nur Randerscheinungen waren. Benjamin erlebt den November seines Lebens, und auch nach seiner R?ckkehr nach Deutschland bleibt die Beziehung zu Victoria dank Brief und Telefon noch eine Zeit lang intakt. Das Unvermeidliche tritt allerdings nach einer Weile dennoch ein, der Kontakt bricht abrupt ab und die sch?nste, weil erste Liebe findet ein j?hes Ende. Daher ist das Eintreffen dieses Briefes aus Killarney neunzehn Jahre sp?ter ein drastischer Eingriff in Benjamins Leben.

Markus Feldenkirchen ist in seinem Erstling eine ?u?erst feinsinnige Liebesgeschichte gelungen. Er erz?hlt in parallelen Str?ngen von den Tagen im November 1989 und von der Gesch?ftsreise, die ihn beim Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 nach Irland f?hrt - mit dem omin?sen und unge?ffneten Brief im Gep?ck. Wer aufgrund des Plots glaubt, eine kitschige und schnulzige Liebesgeschichte vor sich zu haben, der wird vom Autor eines besseren belehrt. Feldenkirchen, ein erfolgreicher Journalist unter anderem beim Tagesspiegel und beim Spiegel, trifft in seinem Deb?troman einen anspruchsvollen Ton, der den Leser gefangen h?lt, ohne dabei den zahlreich vorhandenen Emotionen eine Nebenrolle zuzuweisen.

"Was zusammengeh?rt" l?sst den Ich-Erz?hler Benjamin st?ndig zwischen den beiden zeitlichen Ebenen hin- und herwechseln, eine unterschiedliche F?rbung im Erz?hlton ist unverkennbar. Feldenkirchen arbeitet geschickt das Motiv der stets pr?senten Mauern ein, die im Einst?rzen begriffen sind. Des Weiteren schwingt in seiner Schilderung des erzkatholischen Irland kurz vor Beginn des goldenen Zeitalters f?r die gr?ne Insel eine ordentliche Portion Kritik an der Allm?chtigkeit der Religion und der Ohnmacht seiner Anh?nger mit.

Es m?ssten wirklich viele ungl?ckliche Zuf?lle zusammenkommen, wenn dieses Buch in den kommenden Wochen und Monaten keine prominente Position in den Bestsellerlisten hierzulande einnehmen sollte. Feldenkirchen ist ein kleines Juwel gelungen, das garantiert jeder Leser verschlingen wird und bei ihm im Nachgang einige sch?ne Gedanken an das Buch hinterlassen wird. Ohne zuviel vorwegzunehmen, sei verraten, dass Benjamin sich bis zum allerletzten Kapitel Zeit nimmt, den Brief zu ?ffnen und zu lesen: Ein sch?ner Kniff Feldenkirchens, die Spannung hochzuhalten, und ein Grund mehr f?r den Leser, dieses feine und ansehnliche Exemplar aus dem Z?rcher Kein & Aber Verlag nicht aus der Hand legen zu wollen.

Christoph Mahnel
16.08.2010 

 
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Das Buch:

Markus Feldenkirchen: Was zusammengehört

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Zürich: Kein & Aber Verlag 2010
352 S., € 19,90
ISBN: 978-3-036-95575-9

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