Romane

Das wahre Leben der Margarete von York literarisch aufgearbeitet

Von 1455 bis 1485 dauerten die Kämpfe um die englische Thronherrschaft an, die späterhin als "Rosenkriege" in die Geschichte eingehen sollten. Die beiden rivalisierenden Adelshäuser York und Lancaster bekämpften sich in erbitterten Schlachten immer wieder aufs Neue, um eine Entscheidung zugunsten eines der Häuser zu bringen. Als im Jahre 1461 Edward, Earl of March, die Schlacht von Towton für sich entschied, schien vorerst eine Entscheidung zugunsten der Yorks getroffen. Auch für seine jüngste Schwester Margaret, die "weiße Rose von York", wurde damit das Schicksal besiegelt. Als Spielball der Politik hatte sie sich dem Kalkül und Wünschen des Bruders, König Edward IV., zu unterwerfen und zu gehorchen.

England im Jahre 1461: Margaret von York, inzwischen 15-jährig, ist zu einer selbstbewussten jungen Frau herangereift. Trotz ihrer tiefen Religiosität verschließt sie doch nicht die Augen vor der Realität, die am englischen Königshof aus einem Spiel von Intrigen, Machtkämpfen und sexuellen Begierden zu bestehen scheint. Auch sie kann sich dem nicht entziehen. Allerdings wird Margaret sehr bald auch bewusst, dass sie sich als Schwester von Edward IV. den Wünschen des Königs zu unterwerfen hat. Entgegen ihrer Hoffnungen, mit ihrer großen Liebe Anthony Woodville in friedlicher Zweisamkeit ihr Leben in England zu verbringen, verfolgt Edward ein ganz anderes Ziel: Er beabsichtigt Margaret mit Karl dem Kühnen, dem Sohn des Herzogs von Burgund, zu vermählen. Und Margaret muss als Untergebene den Befehlen ihres Bruders gehorchen - auch wenn sie dafür ihr Herz verrät.

Sieben Jahre kann Margaret ihre Freiheit noch genießen, bis sie schließlich am 18. Juni 1468 für immer die englische Hauptstadt verlassen muss, um als Ehefrau von Charles von Burgund an der Seite ihrer neuen Familie das Leben in der weiten Fremde zu bestreiten. Ihr zur Seite stehen die getreuen Hofdamen Fortunata und Beatrice. Zudem wird Margaret von Anthony Woodville, der Liebe ihres Herzens, eskortiert. Damit stürzt Margaret in einen tiefen Konflikt, dem Herz und Verstand, Gefühlvergessenheit und Pflichtbewusstsein schutzlos ausgeliefert zu sein scheinen. Erst mit ihrem Eintreffen in Burgund löst sich dieser zu Wohlgefallen auf, denn Karl der Kühne entpuppt sich als große Enttäuschung. Sein Interesse gilt einzig dem Krieg und der eigenen Machtvergrößerung. Seiner Frau hingegen überlässt er die Regierungsgeschäfte, sodass Margaret bald zur mächtigsten Frau ihrer Zeit heranwächst - und damit zu einer Frau, die ihre Emotionen und Wünsche über die rationale Vernunft setzt und im Verborgenen ihrem Herzen nachgibt.

Anne Easter Smith führt in "Die weiße Rose von York" den Leser auf knapp 900 Seiten durch 19 Jahre von Margarets Leben. Dabei verwebt sie so geschickt dramatisches Einzelschicksal mit Historizität, dass der vorliegende Roman wie ein opulentes, imposantes Gemälde einer längst vergangenen Zeit erscheint. Easter Smith trifft mit einer bildreichen, detailgetreuen Sprache die Atmosphäre des englischen Mittelalters und füllt diese mit Gefühlen und Dramatik, sodass man sich beim Lesen um 550 Jahre in die Zeit zurückversetzt fühlt. Damit legt die englische Autorin nach "Die Rose von England" nun schon zum zweiten Mal ein lebendiges und farbgewaltiges Porträt einer Epoche vor, die von Mythen und Legenden umrankt ist. So wünscht man sich einen guten historischen Roman.

Susann Fleischer
06.04.2010

 
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Das Buch:

Anne Easter Smith: Die weiße Rose von York. Aus dem Amerikanischen von Elke Bartels

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München: Blanvalet Verlag 2010
896 S., € 13,00
ISBN: 978-3-442-37267-6

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