Romane

Zweite Chance für Vater und Tochter , die Liebe und das Leben

Den Wunsch, mit einem Verstorbenen noch einmal reden zu können, Ungesagtes aussprechen oder einen Streit schlichten zu können, den man zu Lebzeiten versäumte, aus dem Weg zu räumen, kennen viele Hinterbliebene. Diese ungewöhnliche Möglichkeit bietet sich der Protagonistin, der New Yorker Graphikerin Julia, in Marc Levys neuem Roman "All die ungesagten Worte".

Julias Vater Anthony hat zeit seines Lebens mit Abwesenheit geglänzt. Deshalb ist Julia auch nicht verwundert, dass er bei ihrer bevorstehenden Hochzeit mit Adam nicht anwesend sein wird. Anthony hat dieses Mal jedoch einen triftigen Grund: Er ist tot. Julia sagt ihre Hochzeit ab, um ihren Vater zu beerdigen - einen Vater, der stets unterkühlt und distanziert war und ihr vor vielen Jahre die Liebe ihres Lebens genommen hat.

Für Julia und Anthony bietet sich die Möglichkeit eines Neuanfangs beziehungsweise einer zweiten Chance: Nach der Beerdigung wartet in Julias Wohnung eine zwei Meter hohe Holzkiste auf sie. Darin befindet sich eine lebensechte Computerversion ihres Vaters, dessen gesamtes Gedächtnis auf der Festplatte der Nachbildung gespeichert ist. Vater und Tochter bleibt eine Woche, um ihr Leben und ihre Beziehung aufzuarbeiten und ganz nebenbei Julias erste Liebe wiederzufinden.

Als Stammleser von Marc Levys phantastischen Büchern ist man es gewohnt, immer wieder auf überirdische, magische Elemente zu treffen; sie sind sein Markenzeichen. Dennoch erscheint die Idee eines computergesteuerten Klons zunächst etwas befremdlich. Jedoch verliert sich dieses Gefühl recht schnell, denn es geht wie immer in Levys Romanen nicht um Äußerlichkeiten, sondern um Gefühle und das Wunder des Lebens.

Nachdem Marc Levy, der als Sohn eines Verlegers schon früh die Liebe zur Literatur entdeckt hat, mit seinem letztjährigen Roman "Kinder der Hoffnung" über seinen Vater und dessen Wirken in der "Résistance" geschrieben hatte, kehrt er mit "All die ungesagten Worte" zum Genre der romantischen Frauenliteratur zurück. Levy beweist damit ein weiteres Mal, dass er der unbestrittene Meister des modernen Märchens ist. Seine Bücher sind wie Schachteln voller Lieblingspralinen - sie sind viel zu schnell leer und man hört nicht auf zu essen, bis alle Pralinen weg sind.

Sabine Mahnel 
07.09.2009

 
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Das Buch:

Marc Levy: All die ungesagten Worte. Aus dem Französischen von Bettina Runge und Eliane Hagedorn

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München: Knaur Verlag 2009
393 S., € 16,95
ISBN: 978-3-426-66369-1

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