Romane

Literatur, die dank ihrer Unkonventionalität großen Spaß macht

USA, 1971: im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Doch nicht jeder hat die gleichen Chancen, so wie beispielsweise der Protagonist in Jens Eisels semidokumentarischer Roman über den Mut der Verzweiflung, die Zukunftsgläubigkeit der USA unter Nixon und die Härte des Lebens. Unter den Passagieren eines Flugs nach Seattle ist ein Mann mit einem Aktenkoffer. Er wird als Dan Cooper in die Geschichte eingehen und doch ein Unbekannter bleiben. Mit einer selbst gebauten Bombe erpresst er 200.000 US-Dollar (entspricht einem heutigen Gegenwert von etwa 1,2 Millionen Dollar), springt mit dem Fallschirm ab und verschwindet. Das FBI steht vor einem Rätsel. Die Ermittlungen werden nach 45 Jahren schließlich eingestellt.

Dieser Fall wurde nie gelöst. Entführer und Geld sind weg und dann nach Jahrzehnten kommt der Hamburger Jens Eisel, macht sich mit den Fakten vertraut, füllt Leerstellen der Wirklichkeit und erzählt seine Story. Ein interessantes Gedankenexperiment spielt Eisel in "Cooper" durch. Er versucht sich in die damalige Situation des Täters, aber auch in die der Crewmitgleider hineinzuversetzen. Er bringt deren Gefühle dem Leser näher, als wäre man mittendrin im Geschehen, selbst dabei. So entsteht ein erzählerisches Meisterwerk. Eisel erzählt feinfühlig von einem Vietnamveteranen, der alles wagt, um seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Und von einer Crew, die alles dafür tut, ein friedliches Ende zu sichern.

Weitaus mehr als "nur" ein netter, zuweilen auch aufregender Zeitvertreib für Zwischendurch - genau das sowie noch einiges anderes sind die Romane von Jens Eisel. Diese sind der genialste Spaß, dem ein Leser überhaupt passieren kann. Die Lektüre von "Cooper" bereitet große Freude, amüsiert über viele Stunden lang und beendet Langeweile ab dem ersten Satz. Da ist es definitiv schade, dass das vorliegende Buch lediglich 224 Seiten hat, und damit eigentlich viel zu dünn geraten ist. Man fliegt regelrecht durch die Story, merkt es nicht einmal, wenn eine Bombe neben einem explodiert. Der deutsche Schriftsteller kann schreiben, ohne jeden Zweifel. Sein Talent begeistert so sehr, dass man schier ausflippt.

Jens Eisels Können als Autor ist einfach nur wow, wow, wow. Seine Geschichten liest man wie im Rausch. Diese machen einen ganz high, denn zwischen zwei Buchdeckeln steckt Literatur der grandioseste Sorte. "Cooper" bedeutet Unterhaltung der einsamsten Spitzenklasse. Während der Lektüre entstehen Bilder im Kopf, die sich Seite für Seite zu einem spannenden, alles andere als 08-15-Kinofilm zusammenfügen. Ein Geniestreich!

Susann Fleischer 
09.05.2022

 
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Das Buch:

Jens Eisel: Cooper

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München: Piper Verlag 2022 224 S., € 22,00 ISBN: 978-3-492-05910-7

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