Romane

Ein sprachlich bestechendes Werk

Heinz Niederste-Hollenbergs Roman "Die O´Higgins-Saga" ist zur diesjährigen Frankfurter Buchmesse im Frankfurter August von goethe Literaturverlag erschienen und vereint historische Kenntnisse mit einer literarisch ausgefeilten und fundiert recherchierten Biographie, die Zusammenhänge zwischen Europa und der latein- und südamerikanischen Welt herstellt. 

Held des Romans ist Ambrosius Higgins aus dem irischen Sligo. In der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts muss er wegen seiner Kontakte zur Freiheitsbewegung gegen die englische Zwangsherrschaft nach einem Massaker das Land verlassen. In London schlägt er in einem Exportgeschäft die kaufmännische Laufbahn ein, wird zum städtischen Weltmann. Dennoch machen sich schnell Unlust und Langeweile im Büroalltag breit. Ambrosius träumt von einem Leben voller Abenteuer. Seine Sehnsucht nimmt er mit ins Kontor. Doch dann beginnt seine Reise: Die Firma, für die er tätig ist, schickt ihn in den Umschlaghafen im andalusischen Cádiz. Die Frage nach seiner Aufgabe im Leben aber bleibt. Noch immer hat sich Ambrosius nicht gefunden. Bis es in die Kolonien nach Südamerika geht. Sein Herz schlägt für Chile. Von seinem Handelsgeschäft steigt er auf in den Dienst der Krone. Längst hat er das Grün der irischen Landschaft gegen das Blau des Himmels und den Flug der Kondore getauscht. Und wenn der Ire Ambrosius "O´Higgins" als alter Mann an die Tage seiner großen Erwartungen in der Jugend zurückdenkt, hat er keine Träume mehr. Die nämlich hat er alle verwirklicht ...

Niederste-Hollenberg fragt, warum die koloniale Entwicklung in Südamerika so gänzlich anders verlaufen ist als in Nordamerika. Er beabsichtigt nicht mit seinem Roman in Konkurrenz zu treten zu klassischen Geschichtsbüchern oder den Arbeiten etablierter Historiker, zumal er auch hier eine umfassende Darstellung der spanisch-amerikanischen Geschichte vermisst. Mit seinen Protagonisten, ihren Sichtweisen und ihrem Umfeld sowohl im Kernland Spanien als auch in den Kolonien will er ein Bild vermitteln, das dem Leser erlaubt, seine eigenen Antworten zu finden: beispielsweise auf die Frage, ob es ein Vergehen war, in das fremde Land einzudringen. Friedvoll zumindest kann das Vorhaben, eine politische und wirtschaftliche Gesellschaft nach spanischem Vorbild zu schaffen, nicht genannt werden. Dagegen stehen Indianerkriege und Sklaverei vor der durchaus auch unwirtlich wirkenden Kulisse eines Kontinents mit rauer Natur und verheerenden Erdbeben. 

Trotz des historisch-politischen Themenschwerpunktes bleibt ausreichend Raum für den in Poesie und Philosophie bewanderten Autor. Zwischen Abenteuer und Reise, Liebe und Freundschaft treffen nachdenkliche Gespräche und Unterhaltungen auf meisterhafte Verse und ergänzen sich zu einem sprachlich bestechenden Werk. Ein Roman, wie man ihn heute selten zu lesen bekommt.

Dr. Annette Debold
23.10.2017

 
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Das Buch:

Heinz Niederste-Hollenberg: Die OHiggins Saga

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2017
456 S., € 22,80
ISBN 978-3-8372-2017-9

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