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Die 80er leben!

Ein habeloses Mädchen, das von ihrer bösen Mutter und ihren niederträchtigen Schwestern zu erbärmlicher Schmutzarbeit verdammt wird - eine wohlbekannte Geschichte, welche uns mitunter durch das Märchen Aschenputtel der Gebrüder Grimm in bester Erinnerung geblieben ist. Dass ebenjenes Mär auch nach über zweihundert Jahren nicht an Beliebtheit verloren hat, zeigt das Kinderbuch der Autorin Blanche Kails. Ihr Erstlingswerk "Das Mädchen ohne Stimme" erzählt die Geschichte des kleinen Mädchens Yossiya, das, in armen Verhältnissen lebend, täglich Erniedrigungen durch Mutter und Schwester erfährt. Der Leser findet in der Erzählung sonach selbes Schema wie in den Grimm'schen Märchen wieder: Die Figuren werden zu Beginn in Gut und Böse untergliedert. Dem gutmütigen Mädchen steht die bösartige Mutter gegenüber - hier die Personifizierung der charakteristischen Märchenhexe. Aus purer Boshaftigkeit und Mangel an Moral zaubert diese Yossiyas wunderschöne Stimme hinfort. So ist das Mädchen gezwungen auszuziehen, um sich auf die Suche nach ihrer Stimme zu begeben, die sie im weit entfernten Schlamm-Wald im Körper eines eingesperrten Vogels weiß.

Wie in dem Mär Frau Holle hat Yossiya gewisse Bewährungsprüfungen zu bestehen: Auf ihrer Reise begegnet das Mädchen verschiedenen Tieren, die ihrer Hilfe bedürfen. Gutherzig, wie sie ist, kümmert sich Yossiya liebevoll um die Notleidenden, woraufhin sie von jedem Tier eine wertvolle Belohnung erhält, die ihr in heiklen Situationen von Gebrauch sein wird.

Schließlich gelingt es dem Mädchen nach Überwinden schwieriger Hürden, ihre Stimme wiederzufinden und den Vogel, der diese in sich birgt, aus seinem Gefängnis zu befreien.

Die Autorin bedient sich in ihrer Geschichte dem signifikanten Märchenende: Aufgrund ihrer Tapferkeit und Güte schenkt ihr eine gute Fee, die Yossiya zuvor in Gestalt der Tiere erschienen ist, einen wunderschönen Palast, in dem sie bis zum Ende ihrer Tage ein unbeschwertes Leben zu verbringen vermag. Die Moral von der Geschicht': Güte wird belohnt, ungerecht zugefügtes Leid wird in Gerechtigkeit umgewandelt.

Mit "Das Mädchen ohne Stimme" gelingt der Autorin eine phantastische Geschichte, die den kleinen Lesern pädagogische Botschaften (wie zuvor erwähnt) sowie elementare Grundwerte vermittelt, die da sind: Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Mitgefühl. Auf sprachlicher Ebene begeistert die Autorin mit einer bildhaften wie unterhaltsamen Erzählsprache, die nahezu einlädt zum Vor- und Selbstlesen.

Nicht nur liebevoll gezeichnete Illustrationen veranschaulichen das Buch, sondern auch fröhliche Liedertexte zum Mitsingen. Zugleich ist das Buch in vier Sprachen - Deutsch, Englisch, Französisch und Luxemburgisch - gehalten, sodass es als Lernhilfe gleichergestalt dient.

Und für spielfreudige Leser hält das Buch eine Besonderheit bereit: ein selbst erdachtes Würfelspiel, das zuhinterst zu finden ist. Dem Spaß sind hier also keinerlei Grenzen gesetzt.

Patricia Kuhlmann
07.03.2016

 
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Das Buch:

Blanche Kails: Das Mädchen ohne Stimme

Frankfurt: August von Goethe Literaturverlag 2015
89 S., €13,80
ISBN: 978-3-8372-1790-2

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