Kinder- & Jugendbücher

Das wunderbare Leben der Räuber vom Schrattwald

Die deutsche Schriftstellerin Gudrun Pausewang wurde 2009 mit dem Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur für ihr Lebenswerk geehrt. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Wer ihre Bücher gelesen hat, wird eingestehen müssen, dass Pausewang zweifelsohne zu den vielfältigsten Kinderbuchautorinnen zählt. Beinahe 100 veröffentlichte Bücher sprechen für Pausewangs Schaffenskraft und exzellentes Vermögen, Kinder zu unterhalten und zugleich sozialkritische Fragen aufzuwerfen, so auch mit "Die Räuberschule" - einem Buch, das Spaß pur verspricht.

Ort der Handlung ist Müffelhausen - ein kleines Städtchen, in dem die Langeweile den täglichen Ton angibt. Alle Bewohner sehen gleich aus, gehen jeden Tag dem gleichen, trägen Trott nach und wehren sich gegen jede noch so klitzekleine Veränderung. Ein Graus für die kleine Jule, die anders ist als die anderen. Sie hat rote, wilde Locken, ganz viele Sommersprossen und scheut keinerlei harte Arbeit. Ihre Vorliebe für spannende Räubergeschichten macht Jule endgültig zur Außenseiterin, denn schließlich sind Räuber nicht unterhaltsam, sondern bedeuten eine große Gefahr für den örtlichen Frieden - so auch die Räuber vom Schrattwald.

Erzählungen zufolge fressen der Räuberhauptmann Rosche Rackzack und seine Kameraden hilflose Kinder auf, sind ungepflegt und feiern wilde Feste. Ein Leben, wie Jule es sich auch wünscht. Auch wenn sie regelmäßig in den großen Wald geht, um dort Feuerholz zu sammeln, ist ihr noch kein Räuber begegnet - zumindest bisher, denn eines Tages steht Hauptmann Rackzack höchstpersönlich vor dem Mädchen und zeigt seiner neuen Freundin ein neues, aufregendes Leben voller Chaos und herzerwärmender Liebenswürdigkeit.

Als Rackzack erfährt, dass Jule lesen kann, ist schnell ein genialer Plan gefasst: Jule soll die erste Räuberschule der Welt eröffnen und leiten. Ein Ort, an dem die zahlreichen und zumeist aufmüpfigen Kinder lesen und schreiben lernen sollen und zugleich mehr als eine Lektion in Sachen Benehmen und Disziplin - mit Erfolg. Und da die Eltern ihren Kindern nicht nachstehen wollen, drücken diese nun auch die Schulbank. Da stellt sich nur die Frage, ob Jule bei ihnen genauso erfolgreich sein wird wie bei den Miniaturausgaben der Räuber, deren Kindern. Und auch die eine oder andere Überraschung wartet noch auf Jule, deren Leben nun endlich auf dem Kopf steht - ganz so, wie es sich das Mädchen schon immer gewünscht hat.

Gudrun Pausewangs "Die Räuberschule" begeisterte die kleinen Leser so sehr, dass das Buch nun schon in der zweiten Auflage erschienen ist. Das kunterbunte, Spaß ausstrahlende Cover verspricht ein kurzweiliges Lesevergnügen, dem durch den Inhalt Genüge getan wird. Die Handlung sprüht nur so vor Witz und besonderer Einmaligkeit, sodass Unterhaltung garantiert ist. Auch wenn man es vermuten könnte, sind die einzelnen Kapitel nicht eine reine Abfolge aus Quatsch und Dollerei, denn stille, nachdenkliche Momente sind von ebenso großer Bedeutung wie der vordersinnige Humor. So wird Kindern ab sechs Jahren eine abwechslungsreiche Lektüre geboten, die selbst Großen angenehme (Vor-)Lesestunden bereitet.

Wie der Text, so auch die Illustrationen: Jule und ihre Räuber werden hier nicht als perfekte Menschen präsentiert, sondern als Personen mit Fehlern und Makeln, die sich durch Besonderheiten auszeichnen - seien es nun überlange Arme und Beine, aufsehenerregende Frisuren oder Bärte voller Spinnen. Die Illustratorin Dorota Wünsch hebt damit die Kernaussage des Buches plastisch heraus: Es ist gar nicht so schlimm, anders zu sein. Eher im Gegenteil: Jeder ist etwas Besonderes und daher einzigartig - egal, was andere sagen. Ein Aspekt, der auf jeder Seite des Buches deutlich spürbar ist. Trotz der gelungenen Arbeit von Wünsch muss man bei den Zeichnungen einen kleinen Abstrich machen: Auch wenn die zahlreichen schwarz-weiß Bilder die Atmosphäre eines wilden Räuberlebens großartig widerspiegeln, so wünscht man sich doch etwas Farbe im Buch. Denn so kunterbunt wie Pausewangs Beschreibungen der Räuber sind, hätte man gerne auch deren Darstellungen. Aber dieses Manko lässt sich leicht verschmerzen, bei der Tatsache, dass die Illustrationen den Text hervorragend unterstützen - auch als Bleistiftzeichnungen.

Susann Fleischer
11.01.2010

 
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Das Buch:

Gudrun Pausewang: Die Räuberschule. Mit Illustrationen von Dorota Wünsch

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Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 2009, 2. Aufl.
256 S., € 12,95
ab 6 Jahren
ISBN: 978-3-473-34490-1

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