Kinder- & Jugendbücher

Ein Fuchs als Entenpapa

"In einem Wald saß am Ufer eines Sees eine Ente. Unter der Ente war ein Ei und in dem Ei ein Küken, und das hatte keinen Namen." Doch in dem Wald lebt auch Konrad der Fuchs mit dem großen Hunger und einem knurrenden Magen. Natürlich fressen Füchse gerne Enten und die Geschichte wäre schnell erzählt gewesen, wenn Konrad ein gewöhnlicher Fuchs wäre. Eigentlich wollte Konrad die Entenmama „kennen lernen“, aber diese lässt ihr Ei auf der Flucht am Ufer zurück und so lernt Konrad erst das Ei und dann das Küken kennen. Natürlich brummt Konrads Magen immer noch, was ihm aber die Sympathien des Entenkindes verschafft und auch Konrad erscheint wohl etwas angetan von seinem kleinen Ziehkind, das ihn freudig „Papa“ nennt. Somit gibt’s abends statt leckerem Küken hartes Brot mit ranzigem Gänseschmalz und der Fuchs fasst den Entschluss, das Küken erst zu fressen, wenn es dick und rund wie ein Luftballon ist. Einen Namen braucht es auch noch und wird kurzerhand Lorenz genannt. Auch mit der Erziehung beginnt Konrad sogleich. Die Wochen vergehen, Lorenz ist inzwischen zu einem stattlichen Erpel herangewachsen und es kommt, wie es kommen muss: Lorenz gesteht seinem „Papa“, dass er sich in das Entenmädchen Emma verliebt hat. Der Nachwuchs lässt nicht lange auf sich warten und Konrad will seinen Hunger weiter ertragen, bis auch diese Entenkinder groß sind. Doch Enten lernen Enten kennen und schließlich ist der ganze Wald dicht besiedelt. Fast scheint es so, als sehe man vor lauter Enten keinen Fuchs mehr. Was soll nun bloß aus Konrad werden?

Eine hinreißende Geschichte von Christian Duda, voller Witz, über eine außergewöhnliche Familienbande, hinter der sich aber auch eine kleine Tragödie verbirgt, denn schließlich kann der arme Konrad seinen Hunger nie stillen. Fast schon bekommt man Mitleid mit dem gar nicht so listigen Fuchs, der am Schluss wie ein Opfer seiner eigenen Gutmütigkeit erscheint. Die abwechslungsreichen Zeichnungen von Julia Friese lassen das Bilderbuch, das für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2008 nominiert wurde, zu einem kleinen Gesamtkunstwerk werden. So wird durch die Bilder einerseits der Text graphisch umgesetzt, andererseits erzählen sie die Geschichte aber auch weiter und vervollständigen sie. Mal findet man großformatige Zeichnungen, die sich über die gesamte Doppelseite erstrecken, mal eine Abfolge von mehreren kleinen Bildern, die die Erlebnisse von Fuchs und Entenküken darstellen. Immer wieder dominiert das Rot des Fuchses, der in der Geschichte doch so wenig dominant erscheint. Nur in der Masse der gelben Entenküken am Schluss des Buches scheint der gutmütige Fuchs gleichsam unterzugehen.

Lediglich die Namensgebung erscheint doch ein wenig zu übertrieben, obgleich durch dieses Wortspiel der Geschichte noch eine zusätzliche amüsante Note verliehen wird. Sicherlich ist es kein Zufall, dass die beiden tierischen Hauptfiguren Konrad und Lorenz heißen, bzw. Konrad das Küken Lorenz nennt, entdeckte der Zoologe Konrad Lorenz doch im vorigen Jahrhundert die Prägung bei Enten- und Gänseküken, die in dieser Geschichte dem Fuchs zum Verhängnis wird. Konrad selbst sendet hier mit seinem lauten Magenknurren den akustischen Reiz und wird prompt von dem kleinen Küken als Elternteil anerkannt. Insgesamt ein im wahrsten Sinne des Wortes fabelhaftes Bilderbuch über eine ungewöhnliche Freundschaft, das viele Leser verdient!

Claudia Birk-Gehrke
26.05.2008

 
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Das Buch:

Christian Duda, Julia Friese: Alle seine Entlein

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Zürich: Bajazzo Verlag 2008
60 S., € 16,90
ISBN: 978-3-907588-85-7

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