Kinder- & Jugendbücher

Ein Teenagerdrama , bei dem es selbst auf dem zweiten Blick anders scheint als es ist

Die 17-jährige Hadley ist Jahrgangsbeste, Kapitänin des Lacrosse-Teams und nimmt Flugstunden. Ein auf den ersten Blick verwöhntes Upper Class Mädel. Doch das alles ist nur Fassade. Dahinter bröckelt das Idyll einer perfekten Schülerin, perfekten Sportlerin, perfekten Tochter. Hadley will leben, ohne die Drangsalierungen durch ihren Vater. "Fürsorglich" geht er morgens vor der Arbeit mit seiner Tochter Joggen und kümmert sich wie ein Helikoptervater um die schulischen Belange der Tochter. In Wahrheit aber entpuppt er sich bald als Sadist und kontrolliert jeden Lebensaspekt sowohl seiner Frau als auch seiner Tochter. Dann tritt Charlie Simmons in Hadleys Leben. Zwischen den beiden entwickelt sich eine verzweifelt-intensive Liebe. Charlie ist Hadleys einziger Halt, und sie seiner.

In einigen Monaten könnten Hadleys Qualen mit ihrem Vater endlich vorbei sein. Sie ist im letzten Schuljahr, das College wartet. Gäbe es da nicht Schwester Lila. Hadley tut alles, um die Zehnjährige zu beschützen. Doch sie ist machtlos: Beim Skiurlaub bricht sich das Mädchen den Arm. Allerdings war es kein Unfall, wie es die Familie den Arzt glauben zu machen versucht, sondern die Schuld des Vaters. Hadley muss erkennen, dass der Kampf für sie verloren ist, selbst mit Charlie an ihrer Seite. Als die Beziehung ans Licht kommt, droht eine Katastrophe. Daheim eskaliert die Gewalt, und Hadleys Strategie, nichts preiszugeben, greift nicht mehr. Hadleys vermeintlich heile Welt bricht plötzlich völlig auseinander und liegt schon bald in Tausend Scherben, so wie ihre Gefühle für Charlie ...

Jugendliteratur, die niemanden lange kaltlässt - was Amy Giles schreibt, trifft den Leser bis ins tiefste Herz. Ihre Romane sind absolute Meisterwerke voller schönster Poesie und von solch einer emotionalen Intensität, dass man für die Lektüre besser mehrere Packungen Taschentücher braucht. "Jetzt ist alles, was wir haben" rührt so sehr zu Tränen wie die Bücher einer Colleen Hoover, allerdings steht hier weniger die tragisch-schöne Liebe zwischen einem Mädchen und einem Jungen im Mittelpunkt. Es geht um Gewalt innerhalb der Familie, und was diese mit uns macht. Die US-amerikanische Autorin wagt sich an ein schweres Thema, und das mit echt beneidenswerter Bravour. Sie rüttelt einen wach gegen körperlichen und psychischen Missbrauch. Nicht nur deshalb: Pflicht auch für Erwachsene!

Die Geschichten von Amy Giles machen sehr, sehr traurig, aber auch ein Stück weit glücklich. "Jetzt ist alles, was wir haben" zeugt von betörender Erzählkunst, außerdem von Gefühlen pur. Die Story versetzt einen in einen Rauschzustand sondergleichen, außerdem von Seite zu Seite immer mehr in eine Art Schockstarre. Diese geht an die Nieren, und ist absolut erschütternd. Was man hier in die Hände kriegt, hinterlässt beim Leser eine Gänsehaut am ganzen Körper, auch ob Giles´ Sprachwucht. Solch ein Lesegenuss ist von großer Seltenheit.

Susann Fleischer
21.01.2019

 
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Das Buch:

Amy Giles: Jetzt ist alles, was wir haben. Aus dem Amerikanischen von Isabel Abedi

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München: cbj Verlag 2018
400 S., € 17,00
ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-570-16487-7

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