Erzählbände & Kurzprosa

Literatur entmottet

"Fehlt im Winter Dir der Koks, heize mit den Buddenbrooks" oder: "Manchmal, wenn ich vollgesoffski, les? ich r?lpsend Charles Bukowski". Das ist nur ein Miniausschnitt aus Rathkes lachmuskelqu?lenden Gedanken zur Literatur. Wer es lieber mit dem Original h?lt, sollte sich dennoch gelegentlich diese Literatortur pur g?nnen ? es ist so wunderbar, die K?nige der Literatur gnadenlos vereinfacht, gek?rzt, entmottet und der Neuzeit angepasst zu sehen. Wem der "ganze Goethe" zu lang ist, kann ja mal mit der Interpretation Rathkes einsteigen.

Das ist kein Buch f?r die gediegene Kaminstunde, in der man sich Erbauung aus der Literatur erhofft. Nein, das hier ist das wahre Leben, kein Podest f?r Goethe, keine Ergriffenheit bei Schiller, auch Shakespeare muss dran glauben. Dass Rathke den gr??ten Respekt und eine unglaubliche Kenntnis dessen hat, was er mit so leicht scheinender Lockerheit schreibt, ist Voraussetzung f?r die F?higkeit, auch mal den Witz hinter allem zu sehen.

Die Bandbreite der "bearbeiteten Werke" ist beeindruckend, bis hin zu Brecht reicht es und gemahnt an den lesenden Arbeiter, wenn Rathke fragt: "War Max frisch? War D?rren matt? War Marx ein Engels? Warum musste Stefan Heym? Kann Martin Walser tanzen?" F?r verzweifelte Leser, die nie den Zugang zur deutschen Kultur so richtig gepackt haben, gibt es ?berlebenshilfen: "Wenn der Balzac Probleme macht, sollte man ihn an die Garderobe h?ngen. Da h?tte der Siegmund Freud! Richten wir uns in Zukunft nach dem Morgenstern? Was macht eigentlich Ihr Ringelnatz? Soll ich Ihnen mal den G?tz zeigen?"

Es ist schrecklich. Man liest den ersten Text und das ist der Moment, in dem man die Katze vom Sofa schmei?t, das Telefon ausst?pselt und sich gr?lend auf dem Teppich w?lzt. Weil es gekonnt geschrieben ist, weil es so wunderbar ist, die G?tter im Nachthemd zu sehen und weil Rathke einfach ein H?ndchen f?r solche "Bearbeitungen" hat. Unbedingt kaufen. Selber lesen und verschenken. Wie sagt Rathke: "Im K?rzen liegt das W?rzen".

csc
12.05.2002

 
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Das Buch:

Winfried Rathke: Literatortur pur. Klassiker grob ausgeschlachtet und fahrlässig gestutzt

CMS_IMGTITLE[1]

Egelsbach/Frankfurt: Fouqué Literaturverlag 2001
129 S.
ISBN: 3-8267-4805-5

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