Dramen

Mysteriöse Vorfälle in einem Dorf um 1913/14

Bei den 62. Filmfestspielen von Cannes wurde Michael Haneke im Mai 2009 für "Das weiße Band" mit der "Goldenen Palme" ausgezeichnet - eine besondere Ehrung, die bisher nur zwei anderen deutschen Filmen zuteil wurde. Erleb- und greifbar wird die dramatische Geschichte mit dem zeitgleich zum Film beim Berlin Verlag erschienen Drehbuch.

Die Handlung spielt in einem Dorf im Norden Deutschlands in den Jahren 1913/14 - ein Jahr vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Dort haben der Pastor, der Arzt und der Baron das Sagen über die Kinder, Frauen und Bauern. Mit umstrittenen Methoden, harter Hand und nicht vor seelischen Grausamkeiten zurückschreckend, werden die Dorfbewohner in Schach gehalten. Als Zeichen der "Untugend" - selbst wenn es sich nur um geringfügige Vergehen handelt - müssen Konfirmanden beispielsweise ein weißes Band tragen, das sie an die Tugend erinnern soll. Der Arzt demütigt seine Haushälterin und der Baron springt mit seinen Arbeitern um, als wären sie seine Leibeigenen.

In dieses "Idyll" hinein geschehen eines Tages mysteriöse Dinge: Als sein Pferd über eine unsichtbare Schnur, die zwischen zwei Bäumen gespannt worden ist, stürzt, erleidet der ansässige Arzt schwere Verletzungen. Kurze Zeit darauf kommt auf dramatische Weise eine Bauersfrau im örtlichen Sägewerk ums Leben und der Sohn des Barons wird entführt und in jenem Sägewerk misshandelt aufgefunden. Als weitere rätselhafte Vorfälle geschehen, wird schließlich die Polizei gerufen. Gemeinsam mit dem Dorflehrer, der die Taten zu hinterfragen wagt, will man die Übeltäter finden und dingfest machen. Bevor es allerdings dazu kommt, wird in Sarajewo das Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand verübt und Serbien der Krieg erklärt.

Michael Hanekes "Das weiße Band" setzt weniger auf spannungsgeladene, explosive Momente als vielmehr auf dramatische, eindringliche Szenen. Die im Film akzentuierten Zwischentöne werden im vorliegenden Drehbuch beim Lesen ebenso offensichtlich wie zuvor schon im Kino. Der Rezipient erlebt dabei die Geschichte als objektiver Beobachter, wobei ein Erzähler vor seinen Augen ein ergreifendes Drama entfaltet, während er ihn an die Hand nimmt und durch das Buch begleitet. Allein dies macht das vorliegende Drehbuch schon zu etwas Besonderem, wenn man dann noch die Bilder, die dem Film entnommen sind, sowie die Zeichnungen aus dem Original-Drehbuch betrachtet, weiß man, dass man etwas Einzigartiges in der Hand hält. Etwas, das bisher noch nicht dagewesen ist.

Susann Fleischer
23.11.2009

 
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Das Buch:

Michael Haneke: Das weiße Band. Das Drehbuch zum Film

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Berlin: Berlin Verlag 2009
221 S., € 22,00
ISBN: 978-3-8270-0913-5

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