Ratgeber

Den Rucksack leeren

Jeder von uns tr?gt vom Anfang seines Lebens an einen gro?en Rucksack mit sich herum. Da hinein stopfen wir Kr?nkungen und alles, was wir an Erfahrungen sammeln, ob gute oder schlechte. Der Weg durch das Leben ist steil und der Rucksack kann manchmal gewaltig dr?cken. Wer meint, da alles vom Basislager bis zum Gipfel mitschleppen zu wollen, findet sich sp?testens in der Mitte auf dem R?cken liegend wieder ? niedergerissen vom Gewicht des Sacks. Weitergehen kann man erst, wenn man sich von einigen Dingen getrennt hat ? sei es, weil sie wirklich uralt und somit schon fast gar nicht mehr wahr sind, sei es, dass es h?chste Zeit wird, sich von alten B?rten zu verabschieden. Manches muss man noch einmal anschauen, ehe man es hinter sich l?sst, lassen kann, anders ist l?ngst Vergessenes, unn?tiger Ballast.

Barbara Jakob, Seminarleiterin f?r Motivation, Pers?nlichkeitsentwicklung, Kommunikation und Lebensmanagement, wei?, wovon sie schreibt. Loslassen k?nnen ist eine Kunst, die uns beim ?berleben hilft. Oft genug lernen wir das Loslassen unter ?u?erem Zwang: Jemand stirbt, Scheidung, Umzug, K?ndigung - das alles sind Prozesse, die Schmerz bereiten. Was das Kind noch ganz nat?rlich kann: Von einem Sinneseindruck zum n?chsten gehen, wie ein Schmetterling von Bl?te zu Bl?te, um immer das Neue an die Stelle des Alten zu setzen, verliert sich mit den Jahren. Wir beginnen, Sammler zu werden und mit Vorliebe sammeln wir ? ziemlich ?berfl?ssiges, Schmerzendes. Alle kleinen Gemeinheiten, Vernachl?ssigungen, Sticheleien haben wir im Rucksack, aber auch sch?ne Dinge wie gute alte Freunde, das liebgewonnene Haus, die phantastische Turngruppe, von der wir uns nicht trennen wollen oder k?nnen.

Ein stabiles Lebensumfeld ist eine wunderbare Sache, keine Frage. Doch wenn wir uns weiter entwickeln, m?ssen wir notgedrungen neue Dinge angehen, neue Erfahrungen machen, neue Menschen kennen lernen. Um nicht irgendwann am Overload einzugehen, bleibt nur eines ?brig ? das bewusste Trennen von alten Erfahrungen, Dingen, R?umen. Wir alle kennen die Chefs, die am Sessel kleben bis zum Firmenkollaps, weil sie nicht in den Ruhestand gehen wollen, die Familienfrau, die ihre erwachsenen Kinder mit Kontrollanrufen terrorisiert, weil sie noch nicht begriffen hat, dass sie l?ngst alleine ohne ihre Hilfe leben k?nnen, wollen, sollen, die Menschen, die sich mit allen Fasern ihres Herzens an etwas klammern, selbst wenn es ihnen nachweislich schadet ? sie alle haben nicht gelernt, zur rechten Zeit loszulassen. Man muss sie f?rmlich von etwas abschneiden ? das ist sicherlich wesentlich schmerzhafter als das ?ben von kleinen Schritten.

Loslassen vollzieht sich auf vielen Ebenen: am Anfang des Lebens ist es eher das Hergeben einer Rassel, sp?ter m?ssen wir uns von unrealistischen Berufstr?umen verabschieden, von Eltern, Freunden, Kindern, von Vorstellungen, W?nschen, Hoffnungen, wir trennen uns von Hassgef?hlen, wenn wir ein besseres Leben f?hren wollen, ?ben uns im Verzeihen, im Vergeben. In der Lebensmitte geht es eher um eine Standortbestimmung ? wo stehe ich, was kann ich nicht mehr und was m?chte ich nun anpacken? Wir lassen los ? Jugendwahn und Sch?nheitsirrsinn, tauschen es ein gegen Ruhe, Klugheit, Erfahrung und Erf?llung. Die n?chste Stufe ist dann das schrittweise Loslassen, wenn man viele Dinge nicht mehr alleine bew?ltigen kann ? wie kann ich ein erf?lltes Alter leben? Was ist das f?r mich pers?nlich ?berhaupt?

Die Autorin widmet das Buch allen Lesern, die weiter kommen m?chten, nicht stehen bleiben wollen. Anhand eigener Lebenserfahrung mit dem Thema begleitet Jakob den Leser durch alle auftauchenden Fragen mit der sicheren Ruhe des Menschen, der die Schwierigkeiten am eigenen Leib erfahren hat. Es gibt Fragen im Buch, die still machen, betroffen, bewusst und damit bef?higen, das Problem zu analysieren und anzugehen. Es ist ein sehr gut aufbereitetes Arbeitsbuch, systematisch geht man voran und erkennt in den verschiedenen Lebensbereichen, wo eine Kurs?nderung angezeigt ist. Man wird nicht in Bausch und Bogen alles wegwerfen, was einem lieb und teuer war, aber man wird eine gewaltige Menge an Lebensm?ll los, wenn man den Mut hat, sich auch davon zu trennen. Nat?rlich ist es einfacher, weiter zu jammern, andere f?r Erfolglosigkeit, das Gef?hl, nicht geliebt zu werden und anderes mehr verantwortlich zu machen.

Wer aber Steuermann seines eigenen Lebensschiffs sein will, muss lernen, dass es klug sein kann, Ballast abzuwerfen, ehe man zerschellt. Jakob baut das Buch sehr benutzerfreundlich auf ? Fragen, Schaubilder, genug Platz f?r eigenes Tun, Listen und immer wieder eine Menge an Beispielen machen es leicht, die kleinen, aber verflixt tiefen L?cher unter unserem Lebensteppich zu erkennen. Das Buch ist ein Appell, die Verantwortung f?r das Leben mit Freude und ganz bewusst in die Hand zu nehmen und ? loszulassen, um vorw?rts zu kommen. Und das gilt f?r alle Menschen. Ob Mann oder Frau, alt oder jung. Trauen wir uns, loszulassen. Und seien wir immer gespannt auf das Neue, das auf uns zukommt!

-csc
03.01.2003

 
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Das Buch:

Barbara Jakob: Gewinnen durch loslassen. Neue Freiheiten erleben - privat und beruflich

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Zürich: Orell Füssli Verlag
192 S., € 19,80
ISBN: 3-280-02698-9

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