Ratgeber

Wege weisen

Dar?ber wurde nicht gesprochen. Nicht in der DDR. Nicht dar?ber, dass "da" die NAPOLA drin war. Da umschrieb das Geb?ude, in dem die Verwaltung des Bezirkes Potsdam ihren Sitz hatte. Mit der NAPOLA (Nationalpolitische Erziehungsanstalt) war die Eliteschule der Nazis gemeint. Sie hatte sich eingenistet, wo bereits 1822 die preu?ische Kadettenanstalt eingerichtet wurde. Mit Stolz sprachen davon die gealterten, wacklig gewordenen Offizierswitwen in Potsdam. Heute ist die Landesregierung von Potsdam zu Hause, wo Kadettenanstalt, NAPOLA, Bezirksverwaltung waren. Heute wird die Existenz der Bezirksverwaltung nicht erw?hnt. Eine absichtsvolle Auslassung? Eher nicht.

Martin Kaule, Autor der Publikation "Brandenburg 1933-1945", ist ein Unvoreingenommener. Seine Notizen zu den beschriebenen Orten und St?dten, Personen und Ereignissen ("Tag von Potsdam") sind um Sachlichkeit bem?ht. Kaule ist kein Historiker. Einige seiner Formulierungen sind naiv. Gelegentlich reflektiert er historische Begriffe ("Gr??enwahn") allzu klischeehaft.

Mit der Publikation setzt der Ch. Links Verlag eine verdienstvolle Editions-"Reihe" fort. Unbeachtet gebliebene, vergessene, zerst?rte St?tten der Geschichte, die durch das Dritte Reich gepr?gt wurden, werden ins Ged?chtnis gebracht. St?tten der Macht- und Gewaltpolitik der Nationalsozialisten. Bleibend die Nachfrage zu der Ausgabe "Berlin 1933-1945", die als un?blicher "Stadtf?hrer" Wege durch die Stadt weist, die nicht nur f?r die Berliner ein Ereignis sind. Nichts anderes l?sst sich von der Brandenburg-Ausgabe sagen. Deklariert als "Der historische Reisef?hrer" stimmt die Deklaration so nachdenklich wie "Stadtf?hrer". Die Bezeichnungen ohne Hintergedanken hinnehmen? Aber ja doch! Und sich freuen, wie sich der Verlag bem?ht, Vergangenes nicht aus der Erinnerung zu eliminieren. Die thematische, historische Brandenburg-"Reise" ist ein au?ergew?hnliches Erlebnis. Nicht nur f?r Brandenburger.

Der Verfasser streift nicht nur die St?dte Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus. In Nord- und S?dbrandenburg geteilt, geht?s durch s?mtliche Landkreise. Achtsam und angeregt durch den Teltow-Fl?ming mitgegangen wird staunend wahrgenommen, was unbeachtet, unbekannt geblieben ist. Zum Beispiel der erste deutsche Atomreaktor in Gottow bei Baruth. Die ausgewiesenen Orte nun als Reiseziele w?hlen? Das hei?t wohl, die innere Haltung zu ?ndern. Hei?t, nicht loszutrotten mit der gew?hnlichen touristischen Neugier. Viele Orte fordern die Nachdenklichkeit. Sie sind Orte des Gedenkens. Orte, wie das KZ Sachsenhausen. Orte, die durch eine Tafel erinnern, wo eine Synagoge war oder eines der Lager f?r Kriegsgefangene beziehungsweise Zwangsarbeiter, die im Nazi-Reich beschwichtigend Fremdarbeiter genannt wurden. Das Buch von Martin Kaule ist auch eine Ged?chtnistafel f?r die nach Deutschland verschleppten Ausl?nder.

Wenn auch die eine oder andere Angabe oder Schreibweise des Autors nicht v?llig korrekt ist, sie ist dem 1979 Geborenen verziehen, ohne die Ungenauigkeiten zu ignorieren. Mit "Brandenburg 1933-1945" hat nicht nur Brandenburg einen n?tigen Wegweiser durch Momente der Geschichte. Als Ged?chtnis- und Gedenkbuch-Buch ist es auch ein Denk-Mal.

Bernd Heimberger
07.05.2012

 
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Das Buch:

Martin Kaule: Brandenburg 1933-1945. Der historische Reiseführer

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Berlin: Ch. Links Verlag 2012
112 S., € 14,90
ISBN: 978-3-86153-669-7

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