Medien & Gesellschaft

Ein Sachbuch-Highlight, das unbedingt eine Entdeckung lohnt

Seit Wissen schriftlich fixiert wird, versuchen Menschen, es unter ihre Kontrolle zu bringen - oder zu vernichten. Richard Ovenden, Direktor der berühmten Bodleian Library in Oxford, führt uns in fesselnd erzählten Schlüsselepisoden durch die dreitausendjährige Geschichte der Angriffe auf Bücher, Bibliotheken und Archive. Sie handelt von fragilen Tontafeln aus Mesopotamien und kostbaren Bänden mittelalterlicher Gelehrsamkeit, von den grandiosen Bibliotheken in Alexandria und Sarajevo, von irakischen, indonesischen und bundesdeutschen Archiven. Und sie kennt ihre Heldinnen und Helden: Mönche und Hobbyarchäologen, Philanthropen und Freiheitskämpfer und vor allem Bibliothekare und Archivare, die sich gegen die Zerstörung gestemmt haben, nicht selten unter Einsatz ihres Lebens.

Bis in unsere digitale Gegenwart, zu Google, Twitter und Co. sowie den neuartigen Gefahren, denen das Wissen der Welt heute ausgesetzt ist, reicht diese faszinierende Kulturgeschichte, die zugleich das politische Manifest eines leidenschaftlichen Bibliothekars ist. "Bedrohte Bücher" führt uns eindringlich vor Augen, was auf dem Spiel steht, wenn wir die Bewahrung dieses Wissens vernachlässigen oder dem Rotstift opfern: unsere Zivilisation selbst.

In 14 Kapiteln (u.a. "Rissiger Ton unter den Hügeln", "Ein Scheiterhaufen aus Papyrus", "Eine Arche zur Rettung der Gelehrsamkeit", "Kafka nicht gehorchen", "Die Papierbrigade", "Flammen des Imperiums") wird man in die faszinierende Welt der Bibliotheken und Archive in allen Zeiten und auf der ganzen Welt entführt. Diese Lektüre lässt einen, zumindest gedanklich, durch Bücherregale bis zur Decke wandern. Da ist es kaum verwunderlich, dass man nicht anders sein kann als restlos begeistert zu sein. Und man ist ganz enttäuscht, wenn man nach gut 400 Seiten beim letzten Satz angekommen ist. Denn die Kapitel sind vollgepackt mit Wissen, amüsant vermittelt und mit nachhaltigen Effekt. Kurzum: ist die reinste Freude, und zwar nicht nur fürs Köpfchen als vielmehr für alle Sinne!

Ein Geniestreich unter den Sachbuch-Neuerscheinungen der letzten Jahre - mit "Bedrohte Bücher" ist Richard Ovenden ein ganz großer Wurf auf dem internationalen Literaturmarkt gelungen. Dass Wissenschaft(en) richtig großen Spaß machen kann, erfährt man mit diesem Werk vom ersten bis zum letzten Satz. Und ob der vielen, vor allem aber interessanten Informationen zwischen zwei Buchdeckeln verschlägt es nicht nur einem den Atem sowie die Sprache, sondern es wird einem auch regelrecht schwindelig. Der britische Schriftsteller versteht es geradezu meisterlich, mit Sachliteratur den Leser zu fesseln und ihn die Welt um sich herum vollkommen vergessen zu lassen. Ovenden begeistert mit seinem Wissen sowohl Laien als auch Experten. Das ist vor allem eins: schier zum Ausflippen!

Sachliteratur mit der Grandiosität von Richard Ovendens "Bedrohte Bücher" ist von größter Seltenheit im Bücherregal, und deshalb für jeden Leser besonders wertvoll. es ist einfach nur beeindruckend, was man mit dem vorliegenden Werk in die Hände bekommt. Ovenden vermittelt dem Leser sein umfangreiches Wissen auf unterhaltsamste Art und Weise. Da haut's einen bei der Lektüre glatt um!

Susann Fleischer 
29.11.2021

 
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Das Buch:

Richard Ovenden: Bedrohte Bücher - Eine Geschichte der Zerstörung und Bewahrung des Wissens. Aus dem Englischen von Ulrike Bischoff

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Berlin: Suhrkamp Verlag 2021 416 S., € 28,00 ISBN: 978-3-518-43007-1

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