Biographie

Klassiker der Freibeuterliteratur

Spätestens seit Johnny Depp in der "Fluch der Karibik"-Trilogie als Captain Jack Sparrow auf der "Black Pearl" durch die Kinosäle dieser Welt kreuzte, sind sie wieder in aller Munde: Die Piraten. National Geographic hat nun mit dem "Piraten-Tagebuch" die bedeutendste Quelle zu den Freibeutern und Piraten des 17. Jahrhunderts wiederbelebt. Unter dem Titel "Amerikanische Seeräuber" erschien dieses von dem französischen Schiffsarzt Alexander Exquemelin verfasste Buch erstmalig im Jahr 1678 und lieferte von da an mit den in ihm enthaltenen Klischees von den Charaktereigenschaften und dem Tun der Piraten wichtige Inspirationen für unzählige Schriftsteller weltweit. Bis 1686 lagen bereits Übersetzungen in alle großen europäischen Nationalsprachen vor.

Seine Bedeutung erhielt dieses Werk dadurch, dass sein Verfasser tatsächlich mit großen Freibeutern wie François L`Olonnais oder Sir Henry Morgan segelte und somit den Alltag der Piraten hautnah und am eigenen Leib miterlebte. So lässt er den ersten von vier Teilen mit seiner Ankunft auf der Insel Tortuga beginnen, deren Flora und Fauna er näher beschreibt. Hier schloss er sich 1669 bis 1672 den Bukanieren an. Bei diesen handelte es sich vornehmlich um Engländer und Franzosen, die als geübte Jäger auf den karibischen Inseln lebten.

Im zweiten Teil erfährt der Leser zunächst, wie die Bukaniere, aus deren Reihen die Piraten schließlich hervorgingen, ihre Schiffe bemannten, ihren Kapitän wählten und vertraglich festlegten, welche Entlohnungen und Entschädigungen für ihre Raubzüge vergeben wurden. Anschließend darf er durch die Schilderungen Exquemelins Bekanntschaft mit einigen der größten Piraten wie Pierre le Grand, Bartolomeu Português, dem äußerst gewalttätigen Roche Braziliano oder Edvart Mansveldt, dem Admiral der "Brüder der Küste", machen.

Den dritten Abschnitt des "Piraten-Tagebuchs" bildet die Geschichte des Piraten François L`Olonnais, dem 1667 die Einnahme und Plünderung von Maracaibo und Gibraltar gelang. Aufgrund des unglaublich brutalen Umgangs mit seinen Widersachern war dieser Freibeuter weithin bekannt und gefürchtet. So soll er einem spanischen Gefangenen das Herz aus der Brust gerissen und daran gesaugt haben, um dessen Kameraden einzuschüchtern. Genauso unappetitlich war dann auch sein Ende: Er wurde von den Indios Bravos lebend in Stücke gerissen, seine Gliedmaßen anschließend gebraten.

Den größten Raum nimmt jedoch das Kapitel über den berüchtigten Piratenkapitän Henry Morgan und dessen Raubzüge ein. Der Sohn eines reichen walisischen Bauern wurde zum wohl berühmtesten Freibeuter der Karibik und aufgrund seiner Verdienste für die britische Krone gegen die verhassten Spanier als "Schwert von England" sogar zum Ritter geschlagen. Um den Verbleib der Beute aus seinen sechs erfolgreichen Angriffen auf die Spanier ranken sich noch heute die wildesten Gerüchte. Als seine größte Tat gilt die Eroberung Panamas mit weniger als 1000 Mann im Jahr 1670, nach überaus schwieriger Anreise zu Wasser und zu Land.

Neben dem Originaltext des Augenzeugen Exquemelin, der den Leser tief in die Welt der Piraten eintauchen lässt, ist es vor allem das umfangreiche Bildmaterial, das diese Neuausgabe in ihrer Plastizität so bemerkenswert macht. Durch mehr als 200 Karten, Bilder, Fotographien, Stiche, Gemälde und Titelkupfer entsteht die Welt der Freibeuter nicht nur vor dem geistigen Auge des Rezipienten. Umfangreiche Zusatzinformationen in Form von historischen Erklärungen und Erläuterungen von Fachbegriffen vervollständigen dieses Werk, das alles Wissenwerte über das Piratenleben des 17. Jahrhunderts in der Karibik enthält. Hilfreich ist das Glossar mit Fachtermini und Fremdwörtern, die Umrechnungstabelle für die angegebenen Maßeinheiten sowie die Bibliographie mit weiteren interessanten Titeln zum Thema. Eines jedoch trübt das Lesevergnügen: Aufgrund des Formats hätte man sicherlich ein weniger gedrängt wirkendes und somit für die Augen weniger anstrengendes Schriftbild wählen können.

Christian Götz
04.05.2009 

 
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Das Buch:

Terry Breverton (Hg.): Das Piraten-Tagebuch. Aus dem abenteuerlichen Leben des größten Freibeuters der Karibik. Aus dem Englischen von Karin Schuler und Henning Dedekind

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Hamburg: National Geographic Deutschland 2009
192 S., € 29,95
ISBN: 978-3-86690-098-1

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